Was öffentlich finanziert ist, soll auch von allen genutzt werden können: Mit diesem Argument rufen 22 Organisationen die Parlamente in Europa dazu auf, die Programmcodes der staatlichen Softwares offenzulegen.
Mit «Public Money? Public Code!» ist der «Offene Brief» überschrieben, der seit Mittwoch im Netz steht und auf Unterzeichner wartet. Im Laufe des Herbsts wollen die 22 Verfasser und Erstunterzeichner, zu denen Organisationen wie der Chaos Computer Club, Free Software Foundation Europe oder der Verein Wikimedia Deutschland gehören, den Appell den EU-Parlamentariern und den Abgeordneten in den nationalen Kammern unterbreiten.
«Freie Lizenz» in der Vergabe von neuer staatlicher Software, so lautet die Forderung. Der sogenannte Quellcode, das heisst der in einer Programmiersprache geschriebene Text eines Computerprogramms, auf dem die Behörden-Softwares aufbauen, soll nicht mehr als «proprietäre Lizenz» nur von dem Unternehmen eingesehen werden können, bei dem die Behörde die Software gekauft hat, sondern «öffentlich» sein: «Öffentliche Verwaltungen werden durch Steuergelder finanziert. Wenn es sich um öffentliche Gelder handelt, sollte auch der Code öffentlich sein!»
Der Datenaustausch zwischen Behörden würde durch die Lizenz-Bindung an den Programmierer «erschwert», kritisieren die Verfasser des Aufrufs, die sich um die «Open Source»-Bewegung gruppieren. Die Verwaltungen hätten häufig Schwierigkeiten, den Quellcode ihrer Programme untereinander weiterzugeben. Ziel sei es, «öffentlich finanzierte Software frei zu verwenden, zu verstehen, zu verteilen und zu verbessern».
In digitaler Zeit sind die Behörden-Softwares die Achillesfersen der Staaten, wie nicht nur die digitalen russischen Störmanöver bei den letzten US-Wahlen illustriert haben. Auf der Hand liegt der Gedanke, dass die Veröffentlichung der staatlichen Programmcodes der Datensicherheit den Boden unter den Füssen wegzieht.
Die Initianten versuchen den Spiess umzudrehen: «Sensible Bürgerdaten» seien vielmehr dann in Gefahr, wenn «unabhängige Dritte» den Quellcode nicht auf Sicherheitslücken hin abklopfen könnten.
Zudem «schützt» Open Software die öffentlichen Verwaltungen davor, an die Dienstleistungen einzelner Hersteller gebunden zu sein: Sie garantiere, dass der Quellcode verfügbar ist und bleibt, «sodass Hintertüren und Sicherheitslücken unabhängig von einem einzigen Dienstleister geschlossen werden können», argumentieren sie weiter.