Seit mehr als vier Jahren wird der australische Wikileaks-Gründer Julian Assange im Londoner Hochsicherheits-Gefängnis Belmarsh gefangen gehalten.
Nun hat er im Rahmen der Krönung von König Charles III am Samstag einen Brief an seinen «Lehnsherrn» geschrieben, wie die englische Zeitung «The Guardian» berichtet.
«An Seine Majestät König Karl III, Anlässlich der Krönung meines Lehnsherrn möchte ich Sie herzlich einladen, in Ihrem eigenen Königreich ein besonderes Königreich zu besuchen: das Gefängnis Seiner Majestät in Belmarsh.»
Den wahren Wert einer Gesellschaft könne man daran erkennen, wie sie ihre Gefangenen behandelt. «In dieser Hinsicht ist Euer Königreich sicher beispielhaft», schreibt Assange und schildert mit viel Sarkasmus «die kulinarischen Freuden» des Essens bei einem Budget von zwei Pfund pro Tag. Auch wundert er sich, wieso im Gefängnis das Schachspiel verboten sei.
«Aber keine Angst, in diesen Mauern gibt es auch Schönes zu entdecken. Erfreuen Sie sich an den malerischen Krähen, die im Stacheldraht nisten, und an den Hunderten von hungrigen Ratten, die Belmarsh ihr Zuhause nennen.»
Assange wird aber in seinem Brief auch politisch konkret: «Als politischer Gefangener, der zum Vergnügen Eurer Majestät im Namen eines in Verlegenheit gebrachten ausländischen Souveräns festgehalten wird, fühle ich mich geehrt, in den Mauern dieser Weltklasseeinrichtung zu leben.»
Schliesslich: «Ich beschwöre Euch, König Charles, das Belmarsh-Gefängnis seiner Majestät zu besuchen, denn es ist eine Ehre, die einem König gebührt.»
Der Brief endet mit einem Gnadengesuch: «Mögen Sie sich zu Beginn Ihrer Regentschaft immer an die Worte der King-James-Bibel erinnern: ‚Selig sind die Barmherzigen, denn sie werden Barmherzigkeit erlangen‘. Und möge die Barmherzigkeit das führende Licht deines Königreichs sein, sowohl innerhalb als auch ausserhalb der Mauern von Belmarsh.»
Julian Assange ist weder in Grossbritannien noch anderswo in Europa noch in seinem Heimatland Australien eines Verbrechens angeklagt. Er sitzt in Haft einzig und allein, weil die USA seine Auslieferung verlangen, um ihn aufgrund eines drakonischen Spionagegesetzes aus dem Ersten Weltkrieg anzuklagen und für den Rest seines Lebens einzusperren.
Der Whistleblower hatte Geheimdokumente veröffentlicht, die unter anderem Details über das Vorgehen der US-Streitkräfte im Irak- und Afghanistan-Krieg enthüllten.
Als Journalist habe er Kriegsverbrechen aufgedeckt, sagte Nils Melzer, UN-Sonderberichterstatter für Folter, am Tag der Pressefreiheit letzte Woche in Berlin.
«Genug ist genug» sagte am Freitag auch der australische Ministerpräsident Anthony Albanese dem australischen Sender ABC. Er forderte die Freilassung von Julian Assange. Der australische Staatschef wurde in seiner Forderung erstmals unterstützt von allen Führern der grossen australischen Parteien.
Auch der australische Oppositionsführer Peter Dutton hat sich am Freitag für die Beendigung der Haft ausgesprochen.