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Samstag
14.05.2022

Medien / Publizistik

Bild aus der FAZ: Gerd Schröder vor einem Bild von Gerd Schröder. Selbstinszenierung pur…

Bild aus der FAZ: Gerd Schröder vor einem Bild von Gerd Schröder. Selbstinszenierung pur…

Der deutsche Publizist und bis 2020 Feuilletonchef bei der «Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung», Claudius Seidl, ist immer wieder für überraschende Takes gut.

In einem grossen Porträt zu «Schröder, der Geächtete» erzählt er von der ewig dauernden «Peinlichkeit» Gerhard Schröders.

Der Artikel beschreibt eine bestimmte Generation Mann und ist äusserst lesenswert. «Peinlichkeiten war man gewöhnt von ihm. (…) Und schon deshalb ist die Verachtung, die Gerhard Schröder jetzt zu spüren bekommt, eine atemberaubende Heuchelei – jedenfalls da, wo sie auch von jenen Akteuren aus Politik, Wirtschaft und Diplomatie kommt, denen das Gas nicht billig genug und das Verhältnis zum russischen Präsidenten nicht freundlich genug sein konnte.»

Seidl rechnet an der Person Gerd Schröder mit einer Zeit und mit vielen Akteuren ab. Mittäter, die im Unterschied zum Altkanzler immer noch feste in ihren Sesseln sitzen. Auch das Unternehmen Ringier hatte sich mit dem Beratungsmandat von Gerd Schröder in diese Zirkel von Männerfreundschaften aus Wirtschaft, Medien, Diplomatie und Kunst eingereiht.

Im Seidl-Porträt zu Gerd Schröder wird auch der Mythos der Männerfreundschaft zwischen ihm und Wladimir Putin dekonstruiert. Gerd Schröder sei gemäss Einschätzung Seidls auf Wladimir Putin auf Gedeih, Vermögen und Sicherheit angewiesen – umgekehrt ist dies nicht der Fall. In Biographien zu Schröder spielt Putin eine grosse Rolle, in Biographien über Putin wird der Gerd höchstens unter «ferner liefen», wenn überhaupt, erwähnt. Dies ist deshalb bemerkenswert, weil in Deutschland und der Schweiz in den Medien lange so getan wurde, als hätte Gerd Schröder irgendeine Macht über den russischen Autokraten.

Spätestens seit «dem 7. Oktober 2006, als Putin die Leiche von Anna Politkowskaja zum Geburtstag geschenkt bekam, hätten alle wissen müssen, mit wem man es zu tun hatte» (Zitat FAZ).

Doch alle Medien fielen auf die Selbstüberschätzung Gerd Schröders rein, der so tat, als wäre sein Freund Putin allein dadurch, dass er von ihm beraten wurde, ein Mann wie jeder andere. Jetzt so zu tun, als sei Schröder der einzige Übeltäter in diesem dreckigen Spiel – so Claudius Seidl – sei «eine atemberaubende Heuchelei».

Am stärksten ist der Schweizer Ringier-Verlag um Michael Ringier und seinem Haus-Publizisten Frank A. Meyer (Berater von Michael Ringier) auf Gerhard Schröder (Berater von Michael Ringier) reingefallen. Man gefiel sich mit der Nähe zur angeblich grossen Weltpolitik, ohne über die Jahre den jeweiligen Sachverhalt zu hinterfragen.

Mit finanziell grosszügig ausgestattetem Berater-Vertrag hielt Schröder in Zürich oder an den Meyer-Festspielen in Ascona während des Fimfestivals von Locarno jeweils Hof und durfte seine Ansichten in den Ringier-Blättern ausbreiten, auch zur Annektion der Halbinsel Krim 2014.

Seine widerrechtlichen Ansichten zum Völkerrecht bezüglich der Krim äusserte Schröder auch an einem Jahresanlass des Verlegerverbandes (Swiss Media Forum). Die verdrehte Denke Schröders war also alles andere als eine klandestine Angelegenheit.

Mit atemberaubenden Erklärungen versuchte vor Jahren schon Michael Ringier selber die Aussage Schröders, dass «Putin ein lupenreiner Demokrat» sei, als falschverstandene Redewendung zu erklären.

Bis heute hat sich der Ringier-Verlag nicht vom Kriegstreiber Gerhard Schröder distanziert, «Sistierung seines Vertrages» ist das höchste der Gefühle an der Zürcher Dufourstrasse.