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Montag
27.08.2018

Medien / Publizistik

small-fry

Das Silicon Valley ohne Steve Jobs ist wie ein Thanksgiving ohne Truthahn. Obwohl der gebackene Vogel beim Apple-Erfinder, einem strikten Veganer, nie auf den Tisch gekommen wäre. Sieben Jahre nach Jobs Tod hat seine Tochter Lisa Brennan-Jobs nun ihre Memoiren geschrieben.

Die Klein Report-Kolumnistin Regula Stämpfli über ein Buch, das das Silicon Valley schon jetzt erschüttert, obwohl es erst am 4. September auf den Markt kommt.

Nellie Bowles, Journalistin der «New York Times», nimmt ihr Urteil über das Buch «Small Fry», das einen hundsmiserablen Charakter namens Steve Jobs beschreibt, schon im Titel vorweg: «Steve Jobs Comes Across as a Jerk. His Daughter Forgives Him. Should We?»

Nun sind Bücher von Ex-Geliebten, Zweitfrauen, Töchtern, Schwestern, Söhnen, Brüdern oder anderen Familienmitgliedern über Genies immer problematisch. Viele grosse Denkerinnen, Nobelpreisträger, Autoren et cetera wurden durch äusserst hässliche Biografien der meist frustrierten und weniger begabten Verwandtschaft richtiggehend verleumdet.

Deshalb ist auch das Buch der Erstgeborenen von Steve Jobs mit Jahrgang 1978 mit grosser Vorsicht zu lesen. Doch allein, was in den Vorankündigungen des Buches steht, erschüttert. Zudem fällt «Small Fry» in Zeiten der #MeToo-Debatten und eines wachsenden Widerstandes gegen die «Bro-Culture» des Silicon Valley. Dort werden junge Programmiererinnen - wie Emily Chang in ihrem Buch «Brotopia» erzählt - systematisch mittels «Consent-Culture» dazu gebracht, mit möglichst wenig Bekleidung an den Nerd-Orgien der Maschinenmänner teilzunehmen.

Die Autobiografie von Brennan-Jobs liest sich wie eine Anleitung für Sadismus: Der Mutter von Lisa Brennan-Jobs wirft Steve vor, «wie eine Toilette zu stinken». Die Vaterschaft von Lisa anerkennt der Charismatiker im schwarzen Rollkragenpulli erst, als ihn ein kalifornisches Gericht dazu zwingt. Als Gründer von Apple verschweigt er indessen seine Erstgeborene wieder.

Mutter und Tochter leben von Sozialleistungen, Nachbarn kommen für Lisas College-Ausbildung auf. Erst Jahre später zahlt Steve Jobs die Aufwendungen zurück. Steve Jobs taucht bei Mutter und Tochter unangekündigt auf, entführt sie in ein Restaurant, nur um mitten im Essen aufzustehen und der Sozialhilfeempfängerin die Rechnung zu überlassen.

Als Lisas Mutter Steve Jobs ein wunderschönes Anwesen zu einem tollen Preis zeigt und den Milliardär um finanzielle Hilfe bittet, schaut er sich das Haus an und kauft es sofort. Nur, um darin mit seiner Ehefrau Laurene Powell Jobs und den gemeinsamen drei Kindern einzuziehen.

Die Geschichten, die Lisa Brennan-Jobs über ihren Vater erzählt, erinnern an die seltsam glücklich-unglücklichen Kindheiten von KZ-Aufsehern. Es sind Väter, die nur an sich selbst interessiert sind, die jede Unmenschlichkeit und Dysfunktionalität durch ihr enges Umfeld, die herrschende Ideologie und ungebrochene Macht voll ausleben dürfen. Es sind Männer, die von Frauen in ihrer Nähe, egal wie sie behandelt werden, ein Leben lang gestützt, verteidigt und entschuldigt werden. Dazu gehört auch Lisa Brennan-Jobs.