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Montag
07.11.2016

Vermarktung

WHO-Bericht mit alarmierenden Aussagen

WHO-Bericht mit alarmierenden Aussagen

«Über 60 Prozent der Kinder, die vor Beginn der Pubertät übergewichtig sind, werden auch im frühen Erwachsenenalter übergewichtig sein, und in der europäischen Region leiden schon geschätzt 25 Prozent der Kinder im schulpflichtigen Alter an Übergewicht oder Adipositas», heisst es im neuen Bericht der Weltgesundheitsorganisation (WHO).

«Das verheisst nichts Gutes für die Zukunft, denn wir wissen, dass Übergewicht und Adipositas entscheidend zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs und Diabetes beitragen.»

Wissenschaftler und Gesundheitsexperten haben in einer umfassenden Analyse erstmals die besorgniserregenden Ausmasse der digitalen Vermarktung von Lebensmitteln mit hohem Fett-, Salz- und Zuckergehalt an Kindern in der europäischen Region der WHO untersucht.

Die Ergebnisse werden mit dem Titel «Regulierung der Lebensmittelwerbung für Kinder in einer digitalen Welt: Eine fachübergreifende Betrachtung» präsentiert. Das WHO-Regionalbüro für Europa fordert «ein sofortiges Handeln der Politik und eine Erkennung und Bekämpfung der wachsenden Problematik der auf Kinder abzielenden Werbung in den digitalen Medien». Kinder sollen künftig allen Formen von Werbung für Lebensmittel mit hohem Fett-, Salz- und Zuckergehalt, auch über die digitalen Medien, weniger ausgesetzt sein.

Zsuzsanna Jakob, WHO-Regionaldirektorin für Europa ist besorgt: «Die Regierungen unserer Länder haben der Prävention der Adipositas im Kindesalter oberste politische Priorität eingeräumt. Trotzdem müssen wir ständig feststellen, dass unsere Kinder - die anfälligste Gruppe in unserer Gesellschaft - einer unendlichen Vielzahl von versteckten digitalen Methoden zur Werbung für Lebensmittel mit hohem Fett-, Zucker- und Salzgehalt ausgesetzt sind.»

«Die Eltern sind sich oft der schädlichen Wirkung digitaler Werbung nicht bewusst oder unterschätzen sie, doch dieser Bericht verdeutlicht die Folgen für unsere Kinder. Nun ist die Politik in der Pflicht, diese neue Bedrohung durch digitale Lebensmittelwerbung für Kinder zu erkennen und zügig darauf zu reagieren», so Jakob weiter.

Da eine wirksame Regulierung der digitalen Medien in vielen Ländern fehlt, sind die Kinder in zunehmendem Masse stark suggestiven und individuell zugeschnittenen Werbepraktiken ausgesetzt, etwa in den sozialen Medien und in sogenannten «Advergames». Dieser Trend hält an, obwohl es nahezu in allen Teilen Europas dauerhaft hohe Raten an Adipositas im Kindesalter gibt, hält das WHO-Regionalbüro fest.

Lebensmittelwerbung wird von der Wissenschaft als ein wesentlicher Beitrag zu einem «adipogenen Umfeld» erkannt, indem massiv für Lebensmittel mit einem hohen Fett-, Zucker- und Salzgehalt geworben wird und indem diese besser sichtbar und oft billiger und leichter erhältlich sind als gesündere Ernährung. Es gibt übereinstimmende Belege dafür, dass Lebensmittelwerbung die Präferenzen und Wünsche von Kindern in Bezug auf Lebensmittel beeinflusst, ihre Ernährungsgewohnheiten prägt und ihr Risiko einer Erkrankung an Adipositas erhöht.

Abschliessend hält der WHO-Bericht fest, dass digitale Vermarktung der Werbebranche insofern ein Schlupfloch biete, als es bisher nur wenig oder keine wirksame Regulierung und kaum Kontrollen gäbe. Darüber hinaus liesse sich Online-Werbung auf spezielle Zielgruppen zuschneiden und sei damit potenziell wesentlich wirksamer als andere Formen von Werbung, da sie speziell für Kinder und ihre sozialen Netzwerke konzipiert ist.