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Montag
23.12.2002

Bernd M. Michael, der Chef des europäischen Werbeverbandes EACA, rechnet mit einem Titel-Sterben im deutschen Blätterwald: «Ich erwarte in den nächsten zehn Jahren, dass die Hälfte aller Medientitel verschwinden wird, wie es auch in der Markenartikel-Industrie der Fall ist», sagte Michael in einem Gespräch mit der deutschen Nachrichtenagentur dpa. Die Medienbranche sei in den vergangenen Jahrzehnten ein «Luxus-Naturschutzpark ersten Ranges» gewesen. Angesichts gesunkener Werbeeinnahmen und rückläufiger Auflagen im Printbereich würden starke Medienmarken schwächere Titel verdrängen. Analog des Konsumgüter-Marktes würden Mono-Marken in Dach-Marken aufgehen. «Das Beispiel Bild-Zeitung wird Schule machen und in allen Verlagen zu einer Konzentration auf die starken Medienmarken führen», erklärte Michael, der Chef der Düsseldorfer Grey-Gruppe ist, der zweitgrößten Werbeagentur Deutschlands. Die auflagenstärkste Tageszeitung habe bereits vor vielen Jahren begonnen, den Namen «Bild» als Dachmarke unter anderem für eine Auto-, Frauen- und Computerzeitschrift zu entwickeln. Die Strategie der Dachmarke sei zum «heissesten Trend» bei den Konsumgüterherstellern im Kampf gegen Discounter geworden und werde auch auf andere Bereiche in der deutschen Wirtschaft wie die Medienlandschaft übergreifen. «Die Monomarke ist tot, es lebe die Dachmarke», betonte der Werbefachmann gegenüber der Agentur dpa. Und fügte an: «Ich habe die Aussage, dass 50 Prozent der Marken verschwinden werden, vor zehn Jahren schon einmal gemacht für die Markenartikelindustrie. Ich habe mich getäuscht, es waren 75 statt 50 Prozent.»