JWT, Y&R, Saatchi & Saatchi, TBWA: Schon seit vielen Jahren schreitet der Niedergang der Networks in Deutschland und in der Schweiz immer weiter voran. Sie verlieren Etats und Kunden, schliessen reihenweise ihre bisherigen Deutschlandzentralen, bündeln das verbliebene Geschäft an Nebenstandorten und suchen ihr Heil in Partnerschaften mit inhabergeführten Häusern, wie ein Kommentar auf der Plattform W&V Werben & Verkaufen festhält.
Am stärksten vom Niedergang betroffen ist die bisherige Networkmetropole Frankfurt am Main, wo jetzt binnen kürzester Zeit Saatchi & Saatchi und Y&R praktisch ganz zumachen. Publicis Deutschland musste vor zwei Jahren sogar unter das Dach von Pixelpark schlüpfen, um die Zukunftsfähigkeit des Networks nicht vollends aufs Spiel zu setzen. Auch TBWA und JWT sahen nach Jahren der Krise ihre letzte Chance offenbar darin, Partnerschaften mit inhabergeführten Werbeschmieden wie Hirschen (JWT) oder Heimat (TBWA) einzugehen.
Es gibt Ausnahmen: Bei McCann übernahm vor zwei Jahren der Chef der ehemaligen Digitaltochter MRM, Ruber Iglesias, das Kommando und baute den Frankfurter Standort zum digitalen Hub der Gruppe aus. Mit dem Gewinn des Aldi-Nord-Etats landete McCann am Standort Düsseldorf zuletzt einen überraschenden Coup. BBDO hat sich nach langer Krise zuletzt wieder berappelt. Ogilvy und DDB halten sich über all die Jahre beeindruckend stabil - ihre Agenturen verfügen über ein schärferes Profil.
Trotzdem muss man sich fragen: Was genau hat zu der beispiellosen Erosion in der deutschen Networklandschaft geführt? Schon seit über zehn Jahren leiden die Networks massiv darunter, dass die Kunden fast nur noch Projektetats vergeben. Das rüttelt an ihrem Geschäftsmodell. Die Networks haben traditionell davon gelebt, dass internationale Konzerne ihre Gesamtetats an sie vergeben haben: Das sicherte jedem Office, das für die nationale oder lokale Adaption verantwortlich war, die nötigen Einnahmen. Diese Einnahmequelle ist weitestgehend verschwunden.
Vergibt der Kunde aber nur noch Etats für einzelne Kampagnen, dann braucht er streng genommen kein Network mehr. Da kann er auch gleich zum nächsten angesagten Kreativhotshop gehen. Und für die hatten gerade die deutschen Marketingentscheider schon immer ein ganz besonderes Faible. Denn irgendwie haben die (anglo-amerikanischen oder französischen) Networks immer schon mit Deutschland gefremdelt - und umgekehrt genauso. Es ist auffallend, dass die grossen traditionellen Networkmarken bis heute in London, Paris oder New York ein viel höheres Ansehen geniessen als hierzulande.
Die Träume vom endlosen Wachstum in Brasilien, Russland und China sind mittlerweile längst verflogen. Inzwischen gilt Deutschland als der stabile Anker. Für viele Networks kommt das aber wohl zu spät.