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Dienstag
30.09.2003

Die ganzseitige Vierfarb-Anzeige eines Automobilherstellers zeigte das Foto einer Männerunterhose mit seitlichem Eingriff. Überschrift: «Wer seine Geschäfte schneller erledigen will, muss auch seitlich rankommen können.» Das zu bewerbende Produkt, ein Transporter, war nur in Briefmarkengrösse abgebildet. Detaillierte Infos zum Auto fehlten. Solche und andere Beispiele für verfehlte Werbeanstrengungen hat nun der Hamburger Autor und Werbepraktiker Kay Tangermann in seinem neuen Buch, «Werbung - der Milliardenpoker» (Knaur Verlag, 320 S., 12,90 Euro) zusammengefasst. Ihm erscheint es zweifelhaft, ob sie auch nur bei einem einzigen potenziellen Kunden Interesse an dem angebotenen Transporter weckte. Nach Auffassung Tangermanns vernichten «Denkfehler» dieser Art Jahr für Jahr Milliarden Euro. Statt Motor der Wirtschaft zu sein verliere sich ein Grossteil der Werbung in Clownerie und Nabelschau. Den Einwand, dass solche Anzeigen nur Aufmerksamkeit erregen sollen, lässt der Autor nicht gelten. Aufmerksamkeitswirkung sage nichts über die Bewirkung von Kaufbereitschaft.

Als besonders krasse Fehlinvestition nennt er in diesem Zusammenhang die mit einem Spitzenfilmstar bestückte, 22,5 Millionen teure Kampagne eines Energiekonzerns für ein neues Produkt. Sie habe zwar riesige Aufmerksamkeit gefunden, jedoch nur 1100 neue Kunden gebracht. Oder da warb etwa eine Autofirma im «Spiegel» mit einer ganzseitigen Farbanzeige, in der der Innenraum ihres Produkts mit dem Spiegelsaal von Versailles verglichen wurde. Auf die Frage, wie viele Interessenten sich denn gemeldet hätten, kam die Antwort: zwanzig.

Tangermann hält von solcher Werbung nicht viel. Ihm scheint es vor allem wichtig, dass aus Werbung gelernt wird. «Werbewirkung ist nicht das, woran sich die Verbraucher erinnern, sondern was sie gelernt haben und was ihr Handeln beeinflusst.» Es gelte, konkurrenzbezogen zu denken. Was habe ich zu bieten, was meine Konkurrenz nicht bietet.