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Freitag
09.06.2023

TV / Radio

Chris Licht versucht sich bei seinen Mitarbeitenden für mögliche Fehler zu entschuldigen, doch es hat nicht mehr geholfen...     (Bild: CNN)

Chris Licht versucht sich bei seinen Mitarbeitenden für mögliche Fehler zu entschuldigen, doch es hat nicht mehr geholfen... (Bild: CNN)

Nur 13 Monate durfte Chris Licht an der Spitze von CNN zeigen, wie er den Sender aus der Krise managen wollte. Doch das Chaos hörte nicht auf.

Nun zieht der Mutterkonzern bereits Konsequenzen. Wie Warner Bros. Discovery mitteilt, gehe Licht mit sofortiger Wirkung. «Ich habe mich mit Chris getroffen und er wird CNN verlassen», sagte David Zaslav, der Vorstandsvorsitzende von Warner Bros Discovery, anlässlich einer Redaktionssitzung am Mittwoch, wie auf der Webseite von CNN nachzulesen ist.

Eine Nachfolge werde derzeit gesucht. Bis zur Neubestellung werde CNN vorübergehend von einem Team geführt.

Der letzte Todesstoss war ein Artikel im Magazin «The Atlantic» vom Freitag. Darin wurde Lichts Fähigkeit, das Unternehmen in die Zukunft zu führen, mit einer verheerenden Analyse in Frage gestellt. Nach diesem Text entschuldigte sich Chris Licht bei seinen Mitarbeitenden. Er versprach «wie die Hölle zu kämpfen», um das Vertrauen seines Teams wieder zu finden.

Licht hatte den Spitzenposten beim Nachrichtensender im Mai 2022 vom langjährigen Chef Jeff Zucker übernommen, der wegen einer Beziehung mit einer Kollegin gehen musste.

Lichts kurze Amtszeit von nicht einmal 400 Tagen war geprägt von Kontroversen. Gleich zur Amtsübernahme kündigte er an, den Streamingdienst CNN+ auf Wunsch der neuen Eigentümer zu schliessen. Durch die vielen Entlassungen fehlte ihm der Rückhalt in der Belegschaft.

Ein nachhaltiges Misstrauen gegen Licht wurde ebenso gleich zu Beginn seiner Amtszeit erstmals gesät. Mitte Mai durfte Donald Trump während einer Live-Veranstaltung 70 Minuten unwidersprochen seine Lügen verbreiten, obwohl sich die Moderatorin redlich bemühte, dem möglichen neuen Präsidentschafts-Kandidaten zu widersprechen.

Licht wurde daraufhin scharf kritisiert, weil er Trump «ohne Not» eine solche Bühne geboten hat. Noch 2016 hatte Trump CNN als «Fake News»-Sender boykottiert.

Gemäss seinem Konzept wollte Licht CNN überparteilich, unerschrocken und wieder mehr «newsy» machen. Andere haben in seinem Konzept gelesen, er wolle den als liberal geltenden Sender wieder glaubhafter für Teile der konservativen US-Amerikaner machen. Für kritische Medienleute hiess das: näher zu den Republikanern. Viele Journalistinnen und Journalisten haben deshalb CNN verlassen.

Nicht gut angekommen bei der Belegschaft ist auch, dass Licht das weltbekannte «Breaking News»-Banner sparsamer einsetzen wollte. Allerdings war das wohl ein richtiger Entscheid, denn in den aktuellen Zeiten des Ukraine-Krieges und sonstigen Krisen rund um den Globus, ist derzeit eigentlich fast alles «breaking news», was auch die anderen führenden US-Nachrichtensender zu spüren bekommen. Schwer also, sich zu profilieren. Deshalb verlieren auch Fox News und MSNBC Zuschauer, doch bei CNN sind die Probleme am grössten.

Laut der Marktforschungseinheit von S&P Global Intelligence, werden die Einnahmen von CNN im Jahr 2023 schätzungsweise fünf Prozent auf 562 Millionen US-Dollar sinken, was vor allem auf Rückgänge bei den Einschaltquoten zurückzuführen ist. Zudem haben eine beträchtliche Anzahl CNN-Moderatoren und Produzentinnen ihren Weg zu Konkurrenten wie MSNBC, CBS News und ABC News gefunden, wie «Variety» schreibt.

Chris Licht galt vor seiner Berufung als CNN-Chef als Erfolgsmann im Mediengeschäft. Unter seiner Führung erreichte etwa die Frühstückssendung von CBS einst historische Quoten, die Zuschauerzahl stieg 50 Monate in Folge an.