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Donnerstag
17.10.2002

Die Wettbewerbskommission (Weko) hat eine Untersuchung gegen die Schweizer Mobilfunkanbieter Orange, Sunrise und Swisscom eröffnet. Untersucht wird, ob die Mobilfunkanbieter zu hohe Preise für ankommende Verbindungen vom Konkurrenznetz zum eigenen Netz verrechnen. Die Schweiz nehme bei der Höhe dieser so genannten Terminierungsgebühr bei Mobilfunkbetreibern in Europa eine Spitzenposition ein, teilte die Weko am Donnerstag mit. Die Terminierungsgebühr sei ein Wiederverkaufspreis, der bei ankommenden Gesprächen auf einem Mobilnetz vom jeweiligen Betreiber verlangt werde, sagte Weko-Sprecher Patrik Ducrey auf Anfrage. Wenn beispielsweise ein Swisscom-Festnetz-Kunde eine Nummer eines Mobilnetz-Kunden von Sunrise anruft, verlangt Sunrise eine Terminierungsgebühr von Swisscom. Letztlich wird diese Gebühr dann dem Swisscom-Kunden weitergegeben.

Gemäss einer Studie im Auftrag des Bakom vom Mai dieses Jahres liegen die Terminierungsgebühren 40% über dem europäischen Schnitt. Die Swisscom verrechnet Terminierungsgebühren von ungefähr 35 Rappen pro Minute, wie auf ihrer Homepage ersichtlich ist. Die Preise von Sunrise und Orange sind nicht publiziert. In der am 15. Oktober eröffneten Untersuchung soll abgeklärt werden, ob die Terminierungsgebühren gerechtfertigt sind oder ob die Anbieter die Preise mit Absprachen künstlich hoch halten. Dazu würden die Kosten betrachtet, die den Netzbetreibern entstehen. Geprüft werden soll auch das Vorhandensein einer marktbeherrschenden Stellung jedes Mobilfunkbetreibers auf seinem Netz. Indem er bei seinen eigenen Kunden marktbeherrschend sei, könnte er diesen zu hohe Terminierungspreise verrechnen, begründete Ducrey. Die Vermutung der Marktbeherrschung ist nach Ansicht der Weko
naheliegend, da die Festnetzbetreiber von Gesetzes wegen auf Verhandlungen mit den Mobilfunkbetreibern angewiesen sind. Die Untersuchung werde mehrere Monate dauern, da sie sehr komplex sei, sagte Ducrey weiter.

Die Swisscom will sich erst zur Untersuchung äussern, wenn sie beendet ist. Die Kosten für den Betrieb von Mobilfunknetzen seien in der Schweiz höher als in Europa, begründete Swisscom-Sprecher Christian Neuhaus die höheren Gebühren. Aus topografischen und gesetzlichen Gründen müsse das Antennennetz in der Schweiz dichter sein. Sunrise verneinte die Existenz von Preisabsprachen unter den Anbietern. «Wir haben ein ruhiges Gewissen», sagte Mediensprecher Mathieu Janin. Orange wollte sich erst äussern, nachdem sie offiziell von der Weko über die Eröffnung der Untersuchung informiert worden ist.

Die Weko führte schon einmal eine Untersuchung gegen die Mobilfunkanbieter in der Schweiz durch. Dabei ergaben sich keine Anhaltspunkte für eine Abstimmung bei den Preisen im Retailmarkt, weshalb die Untersuchung Anfang Dezember 2001 eingestellt wurde. Die Frage der Terminierung in ein Mobilfunknetz wurde dabei einer separaten Untersuchung vorbehalten.