Obwohl bei den Unstimmigkeiten zwischen der Redaktionsspitze einerseits und dem Gemeinderat und der Zeitungskommission andererseits noch keine Einigkeit gefunden worden ist, schafft die Gemeinde Maur neue Tataschen.
Im «Editorial», das in der Freitagsausgabe auf Seite 1 der Lokalzeitung publiziert worden ist, werden einem der leitenden Redaktoren schwerste Vorwürfe gemacht. Der langjährige Mitarbeiter wird mit Klarnamen genannt. Der Gemeinderat und die Kommission «Maurmer Post» hätten entschieden, dass der Mann «freigestellt wird». Gezeichnet ist das «Editorial» vom Gemeinderat und der Kommission «Maurmer Post».
Hintergrund der Auseinandersetzung ist unter anderem die Publikation des Artikels «Tod im Sponstürli» vom 8. März 2024. Im beschaulichen Zürcher Dorf Maur kam es zu einem Tötungsdelikt eines 71-jährigen Mannes. In diesem Zusammenhang hat die Polizei einen Mann verhaftet, gemäss der «Maurmer Post» den Neffen des Opfers. Im Grundsatz handelt es sich um einen Erbstreit und das Baurecht. Die Dorfzeitung berichtete ausführlich über den Fall und liess unter anderem eine involvierte Protagonistin zu Wort kommen, die der Gemeindeverwaltung und deren Bauamt Vorwürfe machte.
Die Mitarbeitenden der Abteilung Hochbau und Planung hätten erst aus der gedruckten Zeitung von den Vorwürfen erfahren. Es sei ihnen durch die Redaktion keine Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt worden, «was eine Verletzung der redaktionellen Richtlinien darstellt», so die Gemeindeverwaltung, die darauf im eigenen Dorfblatt umgehend eine Gegendarstellung publizierte.
Von da an geriet die Eskalation in den Turbo-Modus, wobei gemäss Recherchen des Klein Reports ganz und gar nicht Stille herrschte im beschaulichen Maur. Viele der Beteiligten Personen trafen sich oft und immer wieder im Dorfladen, der Kirche oder beim Spazieren. Seit dem Tötungsdelikt wurde viel geredet.
Der Klein Report hat im Vorfeld bereits auf die Brisanz der Gewaltenteilung in Maur Aufmerksam gemacht. Eine Gemeinde gibt eine Dorfzeitung heraus und sollte eigentlich von den Redaktoren und Journalistinnen gleichzeitig als Watchdog kontrolliert werden. Ein Spagat, der im zürcherischen Maur auf verschiedenen Ebenen missglückt ist.
Der Klein Report hat bei der Gemeinde Maur nachgefragt, wer die direkte juristische Verfügungsgewalt über die Redaktion hat. Gemeindeschreiber Christoph Bless antwortete am Freitag schriftlich: «Als Angestellte der Gemeinde Maur sind die Mitarbeitenden der Redaktion arbeitsrechtlich in die Strukturen des Gemeinderats eingebunden.»
Und wie muss man sich die Arbeit der für die «Maurmer Post» eingesetzten Kommission (MP) vorstellen? Christoph Bless: «Die Kommission besitzt die redaktionelle Hoheit über die Inhalte der MP (vgl. auch Ziff. 4.2). Der Rahmen bildet das Pflichtenheft, welches integrierender Bestandteil dieser LVB ist.»
Ob dann die Mitglieder der MP-Kommission Harry Bruppacher, Sascha Heiniger, Marlise Schneider, Herbie Schmidt und Karin Scacchi die direkten Ansprechpartner für die Redaktion seien, fragte der Klein Report nach. Gemeindeschreiber Bless: «Der direkte Austausch zwischen Kommission und Redaktion erfolgt zwischen dem Kommissions-Präsidium und der Chefredaktion.»
Zu den personellen Querelen mit der Redaktionsspitze wollte der Klein Report wissen, weshalb der krankgeschriebene Chefredaktor und sein Stellvertreter bereits aus dem Impressum entfernt worden sind, obwohl bei Renggli das Arbeitsverhältnis bis Ende März 2024 läuft. Christoph Bless: «Christoph Lehmann wurde freigestellt und Thomas Renggli ist zu 100 Prozent krank. Somit sind beide nicht in der Lage, das Impressum zu verfassen.»
Gemäss Recherchen des Klein Reports wurden zudem Leserbriefe zu den ganzen Querelen nur sehr selektiv abgedruckt. Auf die Frage des Klein Reports, wer entscheide, welche Leserbriefe abgedruckt werden, antworte Gemeindeschreiber Christoph Bless: «Die Auswahl und Bearbeitung von Leserbriefen liegen im Ermessen der Redaktion. Diese arbeitet dabei nach den Vorgaben des Journalistenkodex des Schweizer Presserats und sorgt für eine ausgewogene Darstellung des eingegangenen Meinungsspektrums.»
Der guten Ordnung halber publiziert der Klein Report die vom Gemeindeschreiber mitgelieferten «Hauptaufgaben der Kommission» integral: Herausgabe einer behördenunabhängigen Gemeindepublikation, Überwachung Einhaltung Leistungsvereinbarung, Rekrutierung Chefredaktion/Redaktionsmitglieder und Vorschlag zuhanden Gemeinderat, Wahrnehmung der Finanzverantwortung im Rahmen des Budgets, Überwachung einer ausgewogenen Information und der Qualitätssicherung, Zusatzaufgabe Präsidium: Fachliche Führung der Chefredaktion.
Die Redaktion der Gemeindezeitung werde neu von Dörte Welti interimistisch geleitet, geht aus dem «Editorial» weiter hervor. Sie werde die «Maurmer Post» in den nächsten Wochen gemeinsam mit Redaktorin Stephanie Kamm «und einem Team von bewährten freien Mitarbeitenden» gestalten.
«Die ‚Maurmer Post‘ wird sich in ihrer Ausrichtung wieder vermehrt der ihr vorgesehenen Funktion widmen, als virtueller Dorfplatz den gesellschaftlichen Zusammenhalt in der Gemeinde zu stärken», schreibt der Gemeinderat weiter. Er werde sich an seiner nächsten Sitzung vom 25. März «intensiv mit der Thematik ‚Maurmer Post‘ befassen».