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Sonntag
25.06.2017

Medien / Publizistik

Stories werden «zur Abnahme vorgelegt»

Stories werden «zur Abnahme vorgelegt»

Werbung unter dem Deckmantel eines normalen Artikels: Obwohl beim Native Advertising gesponserte Beiträge für den Leser oft kaum von redaktionellen Inhalten zu unterscheiden sind, fehlen in der Schweiz noch immer verbindliche Regeln für das Erstellen und die Kennzeichnung dieser Werbeartikel.

Einen speziellen Umgang mit dieser Problematik pflegt Watson. Bei der Onlinezeitung schreibt die gesamte Redaktion auch von Werbekunden gesponserte Berichte. Zwar wissen die Journalisten vor und während der Erstellung ihres Artikels nicht, für welchen Kunden sie tätig sind. Dieses Vorgehen ist aus medienethischer Sicht aber zumindest problematisch, findet der Klein Report und hat deshalb bei Chefredaktor Maurice Thiriet nachgehakt.

Thiriet erklärt den Umgang mit Native Advertising bei Watson: «Die Kundschaft wendet sich an unsere Sales-Abteilung und bucht eines oder mehrere NativeAds für ein Produkt, das sie gerne bewerben möchte. Zusammen mit der Kundschaft erarbeitet die Sales-Abteilung Themenbereiche, die danach der Native-Ad-Verantwortlichen in der Redaktion übergeben werden.»

Diese rufe die Redaktion dann dazu auf, Geschichtenvorschläge zum definierten Themenkreis bei ihr einzusenden. Aus diesen Geschichtenvorschlägen suche die Kundschaft diejenigen aus, die ihr am meisten zusagen. «Danach werden die Geschichten erstellt, produziert und der Kundschaft zur Abnahme vorgelegt. Ist diese zufrieden, wird die Geschichte mit ihrem Logo publiziert. Ist sie unzufrieden, wägt die Native-Ad-Verantwortliche in der Redaktion ab, ob die Änderungen annehmbar oder nicht annehmbar sind», so Thiriet.

Sind die Änderungswünsche gemäss Leitlinien von Watson zu Native Advertising oder aus redaktioneller Sicht nicht annehmbar, wird die Geschichte «ohne weitere Abnahme durch die Kundschaft, ohne Logo und unter Stornierung der Rechnung publiziert», erklärt Thiriet weiter.

Die Leitlinien im Umgang mit Native Advertising werden von Watson indes nicht veröffentlicht. Thiriet verrät nur so viel: «Grob umrissen steht drin, dass weder Firma noch Produkt im NativeAd gezeigt/genannt werden und dass die sponsorende Kundschaft auf dem Front-Teaser und in der Geschichte transparent gemacht wird».

Doch wieso gibt es bei Watson im Gegensatz zu anderen Medienhäusern keine gesonderte Redaktion, die sich nur mit Native Advertising beschäftigt? «Nur native Redaktionsmitglieder verfügen über das nötige Rüstzeug, um Geschichten zu produzieren, die weitherum wahr- und ernstgenommen werden und so die Logopräsenz für die Kundschaft richtig attraktiv machen», findet Thiriet.

Dabei mache gerade das journalistische Handwerk der normalen Redaktion NativeAds für die Kundschaft so attraktiv. Spezielle Massnahmen zur Wahrung der Unabhängigkeit der Redaktion von eventuellen Werbeinteressen gibt es dabei nicht. «Ich stelle sicher, dass die Unabhängigkeit der Redaktion gewährleistet bleibt», sagt Thiriet.