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Sonntag
09.05.2010

Am 18. Mai 2010 wird aus heutiger Sicht Hans-Peter Rohner als Nachfolger von SRG-Generaldirektor Armin Walpen inthronisiert. Von Wahl kann ja bei einem Einzelvorschlag ans Wahlgremium - wie bei Ingrid Deltenres Einsetzung - immer noch keine Rede sein. «Ich habe die Luft angehalten», sagte am Freitag ein absoluter Medienprofi gegenüber dem Klein Report, zu den Aussagen die der VR-Präsident und CEO der Publigroupe am Feitag am «Tag der Werbung» in Richtung SRG-Job gemacht hat. «Der Mann ist sich sicher, dass er gewählt ist», sagte der Verlagsmann, der seit Jahren mit Rohner «geschäften» muss, weil die über 120-jährige Inseratevermarkterin mit einem ausgeklügelten System von Regieverträgen mit einer Defacto-Monopolstellung die Print-Verleger im Würgegriff hat.

Das einzig Gemeinsame: Der gnadenlose finanzielle Abstieg, der Ausverkauf. Und über diesem Haufen kreisen sie - die Aasgeier. Für die Verlagserben sind das die Nouveau riches: meist (eigene) Angestellte, Anwälte, Arbeitnehmerorganisationen oder die riesige Korona an Beratern, die sich, wie beispielsweise die PR-Söldner Hirzel.Neef.Schmid, «Konsulenten» nennen und wiederum viele Journalisten im Würgegriff haben (Angestellte der Verleger) und die Schreiberlinge mit «Exklusiv-Informationen» füttern.

Partner Victor Schmid hat den möglichen Kandidaten denn auch einen «Verhaltenskodex» auferlegt. Der Kodex kommt einer Informations- und Kommunikationssperre gegenüber den Medien gleich, die wiederum als «watchdog» in der Demokratie ihre Funktion wahrnehmen sollten. Eine öffentliche Debatte wird verboten…(?) Und das über eine private Public-Relations-Agentur, die nie in einem demokratischen Prozess gewählt worden ist. Zwischenfrage: Sind wir in China? Oder winkt die ehemalige DDR aus der Gruft?

Solches Gebaren kommt Hans-Peter Rohner entgegen. Der für Roger Schawinski «äusserst sympathische Publigroupe-Chef» («SonntagsZeitung» vom 9. Mai 2010) ist Meister aller Klassen im Spiel des Intrigierens. Da ist der Ringier-Angestellte Frank A. Meyer vergleichsweise ein «Bodäsurri» und für seinen Verleger um einiges billiger. Der Angestellte Hans-Peter Rohner ging in den letzten Jahren pro Jahr mit 1,5 bis 1,7 Millionen Franken nach Hause.

Was nicht klandestin durchgeht, wird vom Werbevermarktungskonzern mit brachialer Marktgewalt durchgeboxt: Am 20. März 2007 titelt die Wettbewerbskommission (Weko) eine Medienmitteilung: «Weko stellt Behinderung von KMU durch Publigroupe ab». Und weiter: «Mit Entscheid vom 5. März 2007 hat die Wettbewerbskommission festgestellt, dass Publigroupe bei der Platzierung von Werbung und Inseraten in Printmedien über eine marktbeherrschende Stellung verfügt. Sie hat diese missbraucht, indem sie andere Vermittlungsunternehmen bezüglich der Entschädigung für die Vermittlung von Inseraten behindert und damit den Markt abgeschottet hat.» Publigroupe habe als Pächterin von Regiezeitungen verschiedenen kleinen Vermittlungsunternehmen eine Entschädigung für vermittelte Inserate verweigert. Die Vermarkterin «berief sich dabei auf die von ihr selbst formulierten Selektionskriterien», schrieb die Weko damals.

Für das kartellrechtlich unzulässige Gebaren wurde die P mit einer Busse von 2,5 Millionen Franken belegt. Am 30. April 2010 hat das Bundesverwaltungsgericht die von der Weko verhängte Busse bestätigt. Und was macht die Publigroupe? Sie zieht den Entscheid ans Bundesgericht weiter. Die Kosten, wahrscheinlich auch die Busse, werden in ein paar Jahren andere Leute zahlen müssen.

Für den SRG-Posten wird Hans-Peter Rohner, langjähriges Mitglied von Economiesuisse, vom Wirtschaftsverband gepusht. Der «sympathische» Rohner macht vorallem eines: «he spends other peoples money». Er hat es aber auch fertiggebracht, Kurzarbeit für Teile seiner Auslandfilialen einzuführen und so einen Teil der Kosten auf den Staat zu übertragen.

So hat es auch der Aussenwerbekonzern Allgemeine Plakatgesellschaft gemacht und eine Zeit lang ihre Plakatkleber über Kurzarbeit in Teilen vom Staat zahlen lassen. Hier verabschiedete sich am vergangenen Freitag am «Tag der Werbung», CVP-Politiker Carlo Schmid-Sutter als Präsident des Dachverbandes Schweizer Werbung. Als VR-Mitglied der Affichage (APG) hat der Anwalt die Auslandstrategie des Plakatkonzerns, vor allem die Aktivitäten in Griechenland, mit abgesegnet. Gemäss Angaben des Konzerns hat das Unternehmen in Griechenland seit 2007 an die 150 Millionen Franken investiert und vieles, vieles schon abgeschrieben. Schmid-Sutter tritt an der nächsten GV zurück.

Der ausländische Grossaktionär JC Decaux hat bereits angekündigt, den Verwaltungsrat der Affichage von 9 auf 5 zu reduzieren. Danach könnten die beiden ausländischen Grossaktionäre JC Decaux und Albert Frère nach einer Statutenänderung schalten und walten wie sie wollen: Ein Fall für Dominique Biedermann von der Stiftung Ethos, Aktionärsdemokratie und Affichage ade! PR-mässig, also «konsulentenmässig», wird JC Decaux von Jörg Neef, Partner von Hirzel.Neef.Schmid, sehr aktiv betreut. Dessen PR-Aktivitäten wird man bald in den nicht immer gleich unabhängigen Schweizer Finanztiteln lesen können. Zur Erinnerung: Die Publigroupe und die Affichage sind börsenkotierte Unternehmen.

Nochmals zurück zu «Roscheeeee» und seinem «äusserst sympathischen Publigroupe-Chef» auf den er angewiesen ist, weil ihm «dessen» Publicitas Radiotele Werbegelder für sein Erwachsenenradio Radio 1 reinbringen sollte und er sich deshalb so brav mit Kritik in seiner sonntäglichen Kolumne zurückgehalten hat. Aber noch besser: Der Jung-Pensionär will seine Absonderungen ja weiterhin im Branchenheft «persönlich» als Kolumnist und online platzieren. Das Magazin ist im Besitz der Publigroupe. Roger Schawinski steht im Solde von Hans-Peter Rohner! Und was dieser am «Tag der Werbung» über die angesprochene Firma sagte, «könnte einen irreparablen Schaden» auslösen. Und sagen wir, ja sagen wir... 50 000 Franken Strafe mit sich ziehen.

Alles in allem darf man hier gelinde gesagt von dramatischen Vorgängen sprechen. Es reicht nicht mehr, sich locker nach hinten zu lehnen und cool von «äs chunt dänn scho guät» reden. Vor der Wahl des SRG-Generaldirektors oder der SRG-Generaldirektorin am 18. Mai ist auch Medienminister Moritz Leuenberger gefordert, der ja auch nicht ganz unschuldig an der Orientierungslosigkeit des «Staatsfernsehens» ist. Im Übrigen könnte es auch der 18. Juni oder der 18. Juli sein, der Wahltermin ist nicht gottgegeben oder von einer Vulkanaschewolke vernebelt; die Debatte könnte noch geführt werden. Unser geliebtes Griechenland hat das verpasst!

Mehr zur Publigroupe: Publigroupe zieht Weko-Entscheid ans Bundesgericht weiter und die Jahreszahlen 2009: Publigroupe mit 20,9 Millionen Franken Verlust; Andreas M. Schönenberger für Verwaltungsrat vorgeschlagen. Und mehr zum Aussenwerbekonzern: Am 16. April 2010: Affichage vor grossen Veränderungen und Annus horribilis für die Affichage Gruppe