Das Geheul wegen der abgelehnten Beschwerde von Energy Zürich hat bei verschiedenen Exponenten ungeahnte Energien freigesetzt, die besser zu einem früheren Stadiumn in kreativer Form in Aktion getreten wären. Die verfehlte Medienpolitik fordert Opfer, an der nebst dem Medienminister, das Parlament und einige möchtegern-superschlaue Print-Verleger schuld sind.
Der Klein Report begrüsst, dass mit dem Entscheid die Meinungsvielfalt (leicht) gestärkt worden ist, wenn auch nur auf einem sehr kleinen Feld im Kanton Zürich. Denn das restliche Schweizer Ausland ist ja im elektronischen Bereich hammerhart in SRG-Hand. Und die SRG bedient sich ungebremst und schamlos all ihr zur Verfügung stehenden Werbemöglichkeiten, um auf den staatlichen Kanälen für ihre Internet-Angebote zu werben: Und das, so lange es eben geht. Bis der Verlegerverband aus seiner Lethargie erwacht und die Reissleine endlich zieht! Kein privates Unternehmen könnte sich diesen Werbedruck leisten, der bereits im zweistelligen Millionenbereich liegt. Bei der Refinanzierung grüsst der Sankt Nimmerleinstag.
Am Podiumsgespräch am Freitagmorgen kam diese neue Welt, das neue Geschäft nur am Rande vor. Hanspeter Lebrument, Verleger der «Südostschweiz», Pietro Supino, Verwaltungsratspräsident der Tamedia AG, und Michael Ringier, VR-Präsident bei seinem Familienunternehmen, beschäftigten sich mit der Vergangenheit und, wenn es hoch zu und her ging, mit dem Status quo. Conrad Meyer, Verwaltungsratspräsident der Neuen Zürcher Zeitung liess sich kurzfristig «wegen einer Verpflichtung im Ausland» entschuldigen.
«Wir werden versuchen, Radio Energy über die DAB-Schiene am Leben zu erhalten. Denn für uns gibt es noch ein anderes Problem, wir brauchen den Sender in einem strategischen Medienverbund», sagte Michael Ringier nach der abgewiesenen Beschwerde. Pietro Supino, dessen Privatsender TeleZüri vor ein paar Monaten keine Konzession erhalten hat, aber jetzt ohne Auflagen in einem viel grösseren Raum senden kann, tempierte die in Trübsal und Zorn abrutschende Runde wieder. «Wir setzen voll auf Print und Online», so Supino. «Einiges haben wir uns politisch auch selber eingebrockt. Aber wir sollten unsere Energie nicht dort verschleissen, wo keine Vorteile für die Gesellschaft liegen». Natürlich mache der Tamedia die Nichterteilung der TV-Konzession zu schaffen, da dadurch die Planung des neuen Gebäudes an der Zürcher Werdstrasse aus dem Konzept geraten sei und sich einschneidend verändere.
Diskussionsleiter Filippo Leutenegger bohrte nochmals nach: Ob man dieses Elend nicht hätte voraussehen können? Die von der Politik auferlegten Vorgaben im Bereich Medienkonzentration ergäben seit 2004 schlicht ein Verbot für Verleger im Radio- und TV-Bereich. Ein kurzes Raunen, Verlegerpräsident Lebrument fügte an, mit der Wahl von Polo Stäheli, CEO der NZZ-Gruppe, in den Vorstand habe man die «aussenpolitische Kommission» des Verbandes nun gestärkt. «Aber in Bern werden die Verleger eigentlich mehrheitlich als Subventionsempfänger wahrgenommen», stiess FDP-Nationalrat Leutenegger nochmals nach. Wieder ein Raunen. Der Staat brauche möglichst pluralistische Medien, «die Juristerei hinke der Gesellschaft hinterher», meinte Michael Ringier.
Letzterer hatte es überhaupt mit diesem Thema, denn den Gerichtsentscheid zu Energy Zürich kommentierte er lakonisch: «So, wie es sich die Juristen ausgedacht haben, kommt es dann oft doch nicht.» Um später weiter zu wettern: «Das Internet ist ein rechtsfreier Raum!» Was in dieser Form natürlich völliger Quatsch ist, muss der Klein Report anfügen. Dass die Rechte der Inhalte-Produzenten geschützt werden müssten, wie Ringier bemerkte, versteht sich von selbst. Aber dass ausgerechnet der Verleger des «Blick» und des «SonntagsBlick», die beide wieder einen härteren Boulevardkurs fahren und bei denen der Persönlichkeitsschutz oft auf der Strecke bleibt, so abstrakt schöngeistig daherredete... Das tat richtig weh im Kopf.
Man hatte den Eindruck, Ringier habe gar viel von seinem Medien-Anwalt übernommen, hinter dessen juristischen Gruseleien er sich nur allzu gerne versteckt (Fall Borer, Fall Maurer/Pensionskassen und einige mehr), anstatt unternehmerisch zu führen.
Wieder einmal rettete Pietro Supino, ausgebildeter Jurist, die Situation: «Ich erlaube mir heute den Luxus, die Dinge mit gesundem Menschenverstand anzugehen», sagte er in einem wohltuend normalen Ton. Und gegen Ende der Runde, die unter dem Motto «Die Medienbranche im Umbruch: Herausforderungen zwischen Geld und Geist» stand, sagte Supino analytisch, aber optimistisch: «Wir haben eine riesige Strukturreform. Aber: Die Presse hat eine grossartige Zukunft.» - Ueli Maurer im Originalton am Verlegerkongress
Sonntag
20.09.2009



