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Dienstag
26.08.2003

Am 13. Januar 2003 veröffentlichte der «Tages-Anzeiger» unter dem Titel «Das filmreife Geschäft eines Bankers» einen Artikel von Paolo Fusi. Darin berichtete der Journalist über strafrechtliche Ermittlungen der Zürcher Berzirksanwaltschaft gegen den Zürcher Bankier X. und einige seiner Schweizer und Liechtensteiner Geschäftspartner «wegen Betruges, Urkundenfälschung und ungetreuer Geschäftsführung». Wie der Presserat am Dienstag schreibt, lautete der Lead: «Der Zürcher Banker X. wird verdächtigt, beim Geschäft mit einem Filmverleih Millionen abgezweigt zu haben. Er hat bereits wieder einen neuen Job bei einer Bank.» Soweit der Sachverhalt.

Am 21. Januar 2003 gelangte X. mit einer Beschwerde an den Presserat und rügte, der Artikel habe Ziffer 7 der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» (Respektierung der Privatsphäre; Unterlassung anonymer und sachlich nicht gerechtfertigter Anschuldigungen) verletzt. Gleichentags reichte der Beschwerdeführer beim Bezirksgericht Zürich eine Ehrverletzungsklage gegen den Journalisten Paolo Fusi ein. Der Rechtsdienst der Tamedia AG beantragte, auf die Beschwerde angesichts des parallel hängigen Gerichtsverfahrens i.S. Ehrverletzung nicht einzutreten.

Der Presserat hiess den Nichteintretensantrag des «Tages-Anzeigers» teilweise gut. Auf die Beschwerde werde soweit nicht eingetreten, als der Beschwerdeführer darin geltend macht, diverse im Artikel wiedergegebene Anschuldigungen seien unwahr. Hingegen trete der Presserat auf den Aspekt der Namensnennung ein, da er dies gestützt auf Art. 15 seines Geschäftsreglements ungeachtet eines parallel hängigen Gerichtsverfahrens tun könne, sobald sich wie hier eine grundlegende berufsethische Frage stelle.

Zum Punkt Privatsphäre hält der Rat unter anderem fest: «Gemäss Ziffer 7 der Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten ist die Privatsphäre der einzelnen Personen zu respektieren, sofern das öffentliche Interesse nicht das Gegenteil verlangt. Die Richtlinie 7.6 (Namensnennung) zur Erklärung hält fest, dass `Journalistinnen und Journalisten grundsätzlich weder Namen nennen, noch andere Angaben machen, die eine Identifikation einer von einem Gerichtsverfahren betroffenen Person durch Dritte ermöglichen, die nicht zu Familie, sozialem oder beruflichem Umfeld gehören, also ausschliesslich durch die Medien informiert werden`. Der Presserat hat in seiner Praxis diesen Grundsatz der Nichtidentifikation der Betroffenen über die Gerichtsberichterstattung im engeren Sinne hinaus ausgedehnt (vgl. z.B. 8/00 i.S. L. c. «Beobachter»; 41/00 i.S. A. c. «Basler Zeitung» und 12/02 i.S. X. c. «Tribune de Genève»). Alle weiteren ausführlichen Anmerkungen zur Namensnennung sind unter http://www.presserat.ch abrufbar.