Der deutsche Branchendienst Heise hat im Internet einen Streifzug durch die Shops der Parteien unternommen und gemerkt: Hier sind Heerscharen von Marketingstrategen am Werk, versuchen, für Partei und Produkt immer neue Slogans zu finden. Selbst das kleine Stück Traubenzucker ist zum Beispiel der SPD noch für «Mund-zu-Mund-Propaganda» gut. Auch beim Angebot von Kondomen wimmelt es vor Kalauern. «Wir lassen keinen hängen», heisst es dazu im PDS-Fanshop. Fernseh-Moderator Stefan Raab hielt feixend ein Kondom der Jungen Union Nordrhein-Westfalen mit dem Slogan «Black is Beautiful» in die Kamera.
Abseits vom Stand in der Fussgängerzone, grossen Wahlplakaten und Fernsehspots hat sich das Internet zu einer Spielwiese für den Wahlkampf entwickelt. Für die Unentschlossenen gibt es den Wahl-O-Mat, «Wer wird Koalitionär?», heisst es bei der PDS unter der Internetrubrik «Ein Kessel Buntes», hier kann der Nutzer beim Computerspiel die bundespolitischen Karten neu mischen. Wer mit keinem der Kandidaten zufrieden ist, setzt in der virtuellen Welt den Kanzlergenerator in Gang und bastelt sich am Bildschirm aus den Bildern der Spitzenkandidaten einen «Schroiber» oder einen «Fischerwelle». Beim ebenfalls kursierenden Bundescasting werden Stoiber, Westerwelle und Möllemann mit faulen Tomaten und dem Bayernkurier beworfen.
Spiele wie letztgenanntes hat Manuela Baldauf, Autorin des Buches «Wahlkampf im Web», auf Seiten des Negative Campaigning gefunden. Das sind gezielte Angriffe auf den politischen Gegner, wie sie vorher vor allem beim US-Fernsehwahlkampf zu sehen waren. «Ob derartige Auftritte im Netz gut ankommen, ist schwer zu sagen, meint sie. Überhaupt ist noch offen, welche Rolle das Internet spielt. «In Deutschland gibt es dazu noch kaum differenzierte Erkenntnisse, da dieser Bundestags-Wahlkampf der erste ist, der wirklich im Internet geführt wird.»
Freitag
06.09.2002