Vieles spricht dafür, dass Jair Bolsonaro am Sonntag der neue Präsident Brasiliens wird. Desinformation via WhatsApp und Hetze gegen Journalisten waren Teil seines Wahlkampfes. Kurz vor der Stichwahl spitzt sich die Situation nochmals zu.
Die Tageszeitung «Folha de São Paulo», einer der grössten Titel des Landes, bezeichnete Bolsonaro in einem Youtube-Video kürzlich als die «grösste Fake-News-Quelle Brasiliens». Dies, nachdem die Zeitung über eine Desinformationskampagne von Anhängern des Rechtspopulisten berichtet hatte.
Der Bericht warf einer Gruppe Geschäftsleuten vor, dass sie den Versand «mehrere Millionen automatisierter WhatsApp-Nachrichten» finanziert hätten, die Bolsonaros Gegenkandidaten Fernando Haddad verunglimpften. Das oberste Wahlgericht des Landes hat inzwischen Ermittlungen aufgenommen - nicht wegen Verleumdung, sondern wegen illegaler Wahlkampffinanzierung.
Kurze Zeit nach dem kritischen Bericht ist zudem eine WhatsApp-Nummer der Zeitung mit über 200 000 Nachrichten überflutet worden, sodass News von Lesern nicht mehr gelesen werden konnten. Die «Folha de São Paulo» spricht von einem «orchestrierten Versuch, die Meinungsfreiheit zu behindern».
Die Autorin des Berichts, Patrícia Campos Mello, wurde von Bolsonaro-Anhängern über Soziale Medien angerempelt und bedroht, wie Reporter ohne Grenzen (ROG) dazu schreibt. «Ihr WhatsApp-Account wurde gehackt, sie und ihre Familie erhielten anonyme Drohanrufe», so die Organisation, die den Fall kennt.
Und es ist kein Einzelfall: Auch gegen die in Brasilien bekannte Journalistin Miriam Leitão wird gemäss ROG lautstark gehetzt. Eine Reporterin der Newsseite NE10 wurde von Bolsonaro-Anhängern zudem tätlich angegriffen und mit Vergewaltigung bedroht. «Wenn der Kommandant erst Präsident ist, stirbt die gesamte Presse», sagten sie ihr, als sie ihren Presseausweis sahen.
Die brasilianische Vereinigung für investigativen Journalismus zählte im Wahlkampf bisher 141 tätliche Angriffe oder Online-Attacken auf Journalisten. Auch Anhänger der Arbeiterpartei sollen laut der Statistik Journalisten belästigt und geschlagen haben.