Seit 1987 beteiligt sich der Bund an der VOX-Analyse, die im Nachgang zu den Abstimmungen Volkes Stimme erurieren soll. Wer, wie, warum und wann abstimmt, ist der Demoskopie oft wichtiger als der Urnenausgang selber.
Ein Kommentar der Politologin und Medienexpertin Dr. Regula Stämpfli für den Klein Report zur Neuvergabe der Vox-Analyse durch den Bund.
Die VOX war und ist ein Marketinginstrument für die Politik. Und als solches wurde sie – für diese Branche ziemlich unüblich - von Claude Longchamp, dem Primus über die VOX, während Jahrzenten redlich, transparent und wissenschaftlich nachvollziehbar durchgeführt. Nichts desto trotz wurde die VOX - und mit ihr ihr Leiter - teilweise so behandelt, als sei die Nachbefragung und nicht der Urnengang selber für dessen Ausgang verantwortlich.
Nun wird also nach Jahren der Kontinuität ein neues Institut die schwere Aufgabe, ca. 15 Abstimmungen mit über 50 Vorlagen im Nachhinein erklären zu müssen, übernehmen. Dies für nur 1,8 Millionen Franken, nicht gerade üppig. Kein Wunder erklärt die Bundeskanzlei ihren Entscheid für die Stiftung FORS mit der «Maximierung der Antwortquote» und dem «wirtschaftlich günstigen Preis».
Brisant daran ist, dass FORS bereits für die Schweizer Nachwahlbefragung «Selects» beauftragt ist. «Selects» wird seit 2008 vom Schweizerischen Nationalfonds finanziert - also auch öffentliche Gelder - und hat sich mit dessen Leiter Georg Lutz auch schon mal mit: «Schöne werden besser gewählt» wissenschaftlich verspekuliert. Denn ein Blick ins realexistierende Parlament genügt, um diesen Befund als scientifizierte Schreibtischtat zu entlarven. Bei FORS fällt nun auch ein für die Schweiz konstituierendes Element bei den Nachbefragungen weg: Die VOX wird nicht mehr turnusgemäss und föderalistisch korrekt via Universitäten Zürich, Bern und Genf ausgewertet.
Es bricht also ein neues Zeitalter für die VOX an, doch die wissenschaftlichen Probleme bleiben. Demoskopie war nie eine exakte Wissenschaft und wird dies auch nie sein. Nachbefragungen erweisen sich als immer schwieriger, da die Stimmbürger und –bürgerinnen schlechter erreichbar sind und gleichzeit weniger häufig freiwillig Antwort geben. All dies zusammengenommen lässt den Schluss zu, dass Claude Longchamp sich im Nachhinein über diesen Tag vielleicht freuen kann.
Denn die VOX erinnert in der jetztigen Konzeption und Vergabepolitik an Wein über dem Verfallsdatum – einfach schicker verpackt und in neue Flaschen gefüllt.