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Freitag
25.12.2015

Medien / Publizistik

Naim-Cherni-eine-eindruckliche-Reise-durch-Syrien-Klein-Reportt

Am Montag stellte sich Filmemacher Naim Cherni den Medien und warf der Bundesanwaltschaft vor, politisch motiviert zu handeln. Diese hatte zuvor ein Verfahren gegen ihn eröffnet wegen des Verdachts, Propaganda für terroristische Organisationen betrieben zu haben.

Doch Cherni ist sich keiner Schuld bewusst und auch der Islamische Zentralrat der Schweiz (IZRS) stellt sich hinter sein Vorstandsmitglied: In einer Mitteilung zur Pressekonferenz schreibt der Rat, dass der Dokumentarfilm von Cherni in keiner Weise einen Bezug zu Al-Qaida herstelle. Beim darin enthaltenen Gespräch mit Dr. Abdallah al-Muhaysini, der der Al-Qaida nahe stehen soll, sei die Intention gewesen, glaubwürdige IS-Kritiker aus dem inner-islamischen Spektrum zu Wort kommen zu lassen.

Anderer Meinung ist die Bundesanwaltschaft. Die Strafverfolgungsbehörde hat wegen des Verstosses gegen das Bundesgesetz über das Verbot der Gruppierungen Al-Qaida und Islamischer Staat ein Strafverfahren eröffnet.

Im Raum bleibt der Vorwurf Chernis, die Handlung der Bundesanwaltschaft sei politisch motiviert. Diese Anschuldigung ist aus medienpolitischer Sicht nicht auf die leichte Schulter zu nehmen und sollte die Medien als vierte Gewalt im Staat aufhorchen lassen.

Doch wie weit darf sich Politik in den Journalismus einmischen? «Die Medienfreiheit stösst dort an ihre Grenzen, wo sie die Freiheiten Dritter gefährdet. Das gilt sowohl für Diskriminierung wie auch für den Aufruf zu Gewalt», so Medienprofessor Patrik Ettinger gegenüber dem Klein Report.

Für den Dozenten der Universität Zürich ist es trotzdem wichtig, dass Journalisten und Journalistinnen keine Themen mit Samthandschuhen anfassen: «Es gehört zum journalistischen Arbeitsethos, alle Themen nach den grundlegend gleichen Regeln zu bearbeiten.» Hierzu gehöre es auch, über Relevantes zu berichten und dieses möglichst aus vielen Perspektiven und kontextualisierend zu behandeln.

«Journalisten sollten also selbstverständlich die Themenkomplexe Islamismus und Islamischer Staat möglichst von allen Seiten und kritisch behandeln - aber sich dabei von keinen anderen journalistischen Regeln leiten lassen als sonst», so Ettinger weiter.

Problematisch wird es für den Medienprofessor dann, wenn journalistische Inhalte von anderen Medien einfach geteilt werden, ohne über ihre Wirkung zu reflektieren und ohne sie entsprechend argumentativ einzubetten: «Es ist definitiv heikel, wenn sich Medien instrumentalisieren lassen und einen propagandistischen Inhalt teilen, der für den Rezipienten aufgrund fehlender Informationen nicht als solcher erkennbar ist». Umgekehrt brauche es auch Hintergrundinformationen, um zu entscheiden, ob ein Inhalt propagandistisch sei.

Alle grossen Schweizer Medien hatten das Youtube-Video mit dem Interview von Dr. Abdallah al-Muhaysini kurz nach dessen Hochladen auf ihren Homepages geteilt. Obwohl das Videoportal von der Bundesanwaltschaft aufgefordert wurde, die entsprechenden Filmdokumente aus dem Netz zu nehmen, wie Sprecher André Marty gegenüber «20 Minuten» bestätigte, war das Video am Dienstagmorgen noch abrufbar.