Der Ständerat befasste sich am Mittwoch mit Mängeln des Radio- und Fernsehgesetzes. Im Zentrum der Beratungen standen Probleme mit den Radio- und Fernsehgebühren. Roger Blum erläutert den Sachverhalt.
Das neue Radio- und Fernsehgesetz der Schweiz, erst seit knapp vier Jahren in Kraft, weist Mängel und Lücken auf, die behoben werden müssen. Der wichtigste Mangel betrifft die Empfangsgebühren, die bisher bezahlen musste, wer in seinem Haushalt oder Geschäft über ein Radio- oder Fernsehgerät oder über beides verfügte. Das taugt nicht mehr, weil man heute Radio- und Fernsehprogramme auch über den Laptop oder über das Smartphone empfangen kann. Darum steht zur Debatte, jeden Haushalt und jeden Betrieb mit einer Gebühr zu belegen und nicht mehr zu prüfen, was für Geräte vorhanden sind.
Der Nationalrat stimmte im letzten Herbst in namentlicher Abstimmung mit 96:71 Stimmen gegen den Widerstand vor allem der SVP einer Motion seiner Verkehrs- und Fernmeldekommission zu, die vom Bundesrat einen Bericht über ein neues System für die Erhebung der Radio- und Fernsehgebühren verlangt. In diesem Bericht soll der Bundesrat aufzeigen, welche Vorkehrungen zu treffen sind, damit die Gebühren geräteunabhängig je Haushalt und Betrieb eingezogen werden können, und welche Ausnahmen aus sozialpolitischen Gründen und für kleinere Betriebe er vorsieht.
Der Ständerat hat diese Motion am Mittwoch mit ein paar Präzisierungen bei einer Gegenstimme gut geheissen. Dabei betonte Kommissionssprecher Christoffel Brändli (SVP, Graubünden), die Gebühr sei eigentlich schon lange keine Nutzungsgebühr mehr, sondern ein Beitrag an eine öffentliche Aufgabe, an den Service public von Radio und Fernsehen.
In der Debatte kritisierte Peter Bieri (CVP, Zug) mit deutlichen Worten die Hetze des Schweizerischen Gewerbeverbandes gegen das vorgesehene Gebührensystem und die Drohung dieses Verbandes, die Gebühren zu boykottieren. Mit der Überweisung der Motion sind sich beide Kammern des Parlamentes im Grundsatz einig, dass das Erhebungssystem für die Gebühren umgestellt werden soll. Der Nationalrat muss jetzt noch einmal über die leicht geänderte Motion abstimmen, und der Bundesrat muss seinen Bericht vorlegen, möglicherweise bereits verknüpft mit Vorschlägen zur Änderung des Radio- und Fernsehgesetzes.
Eine zweite Lücke im Radio- und Fernsehgesetz betrifft die Summen an Gebührengeldern, die nicht ausbezahlt werden können, weil sie für Radio- und Fernsehsender bestimmt sind, die noch keine Konzession erhalten haben oder den Eigenfinanzierungsgrad von 30-50 Prozent nicht erreichen. Ende 2009 waren so bereits 67 Millionen Franken «eingefroren», mittlerweile dürften es deutlich mehr sein.
Im Nationalrat ist eine Motion von Adrian Amstutz (SVP, Bern) hängig, die verlangt, dass diese Gebühren dem Publikum zurückerstattet werden sollen. Im Ständerat stand am Mittwoch der Vorschlag von Peter Bieri (CVP, Zug) zur Debatte, die Erträge anerkannten Medienausbildungseinrichtungen zu geben, damit diese Aus- und Weiterbildungsangebote für Privatradios und Privatfernsehsender anbieten. Bieri regt ferner an, gemeinsame Initiativen der Branche, wie beispielsweise gemeinsame Studioeinrichtungen, zu finanzieren.
Für die Verwirklichung der Vorschläge sowohl der Nationalratsmotion wie des Ständeratspostulats muss das Radio- und Fernsehgesetz geändert werden. Während der Bundesrat die Motion Amstutz zur Ablehnung empfiehlt, stimmte er dem Postulat Bieri zu. Und so tat es auch der Ständerat, der Bieris Vorstoss einstimmig guthiess.
Weitere Lücken im Radio- und Fernsehgesetz, die unklare Zuständigkeiten von Aufsichtsgremien betreffen, standen in der Kleinen Kammer nicht zur Debatte. Dafür ging es um die bessere Verständigung zwischen den Sprachregionen via Fernsehen. Der Ständerat hatte in der Sommersession 2010 gegen den Willen des Bundesrates eine Motion von Theo Maissen (CVP, Graubünden) überwiesen, wonach Sendungen der einen Sprachregion in einem besonderen Kanal untertitelt den anderen Sprachregionen zugänglich gemacht werden sollen.
Der Nationalrat hatte in der Wintersession 2010 aus der gleichlautenden Motion von Hans Stöckli (SP, Bern) bloss die Stossrichtung übernommen, aber ein anderes Vorgehen gewählt. Danach sollte der Bundesrat die SRG anhalten, in den bestehenden Kanälen den Austausch zwischen den Sprachregionen zu verstärken und darüber bis Ende 2012 zu berichten. Dem stimmte jetzt auch der Ständerat zu. Und Bundesrätin Doris Leuthard machte deutlich, dass dies inzwischen auch das dezidierte Anliegen der SRG ist.
Donnerstag
17.03.2011