Die Initianten der Vollgeld-Initiative machten auf ihrer Promo-Tour mit einem aufblasbaren Sparschwein auch in Zürich halt. Simon Sennrich, Verantwortlicher für die Werbeaktion, kritisiert im Gespräch mit dem Klein Report nicht nur das aktuelle Geldsystem, sondern auch die Einseitigkeit der Abstimmungsinserate in den Medien.
«Nur echte Franken für mein Konto!», schreit der grossgeschriebene Slogan auf dem Sparschwein. Zusammen mit dem darüber hängenden Schweizerkreuz, die im Rückenschlitz steckende Kreditkarte und die überdimensionierte Hunderternote ist das aufgeblasene sechs Meter hohe Gummi-Ungetüm ein Blickfang auf der sonst grauen Gemüsebrücke im Herzen Zürichs.
Vor dem roten Sparschwein steht ein kleines Zelt und drei Männer eilen mit Flyern umher, sprechen Passanten an und geben bereitwillig Auskunft. Sie werben für die Vollgeld-Initiative um Stimmen.
Tatsächlich würde das Vollgeld-Anliegen das bisherige Geldsystem und die dazugehörige Politik komplett auf den Kopf stellen. Ginge es nach dem bunt durchmischten Initiativkomitee, in dem Journalisten, Ökonomen und Juristen sitzen, dürften geläufige Geschäftsbanken kein Geld mehr produzieren. Das soll künftig nur noch der Schweizerischen Nationalbank (SNB) unter Direktor Thomas Jordan vorbehalten sein.
Vor Ort rührt Simon Sennrich, Ökonom im Kampagnenteam, kräftig die Werbetrommel für die Vollgeldinitiative: «Die Werbeaktion mit dem Sparsäuli ist auf unserem Mist gewachsen», sagt Sennrich. «Wir haben es extra dafür produzieren lassen. Und es hat sich bewährt, denn wir erhalten oft positive und sympathische Reaktionen darauf.»
Um die komplexe Initiative näher ans Stimmvolk zu bringen, war das Kampagnenteam laut Sennrich in über 100 Schweizer Städten in allen Landesteilen aktiv: «Das Sparsäuli soll das Solide und Sichere des Vollgelds symbolisieren. Unser Geld, das heute von den Banken kommt, ist extrem unsicher. Wenn es so weitergeht, kommt die nächste Finanzkrise bestimmt.»
Simon Sennrich: «Wir als Komitee bleiben bis am Schluss optimistisch. Man muss aber realistisch bleiben, es wird schwer, eine Mehrheit zu bekommen.»
Über das gegnerische Lager, darunter auch alle Bundesratsparteien, hat Sennrich keine lobenden Worte übrig: «Aus unserer Sicht ist es nicht ganz fair, wie in der Schweiz Politik gemacht wird. Die Gegner haben viel mehr Mittel, um ihre Werbung unters Volk zu bringen.»
Ein Blick auf die Anzahl Pro- und Kontra-Inserate bestätigt zumindest teilweise Sennrichs Kritik an der ungleichen Finanzmacht. Die Année-Politique-Suisse-Studie der Uni Bern untersuchte Inserate aus 53 Print-Medien während acht Wochen vor der Abstimmung am 10. Juni. Das Verdikt wiegt klar: 93 Prozent der Inserate sind der Vollgeld-Initiative gegenüber negativ eingestellt.
Aber Inserate allein entscheiden eine Abstimmung nicht. Das weiss auch Sennrich: «Wir sind nicht nur auf der Strasse, sondern auch in den sozialen Medien präsent. Als Hauptkanäle verwendeten wir vor allem Facebook und Twitter.» Dafür seien auch intern einige Ressourcen aufgewendet worden, sagt er: «Das Geld stammte aber nicht aus dem Ausland, sondern primär von Kleinstspendern mit privaten Mitteln.»
Schliesslich habe sich der Aufwand in der ganzen Schweiz gelohnt, meint Sennrich und unterstreicht die Wichtigkeit der Werbeaktion mit dem roten Sparschwein: «Die Debatte mit der Stimmbevölkerung war wichtig. Es fällt auf, dass die Leute nicht mehr bereit sind, das aktuelle Geldsystem zu akzeptieren. Wir brauchen jetzt eine gute Lösung.»
Die Vollgeld-Initiative ist am Sonntag mit 75,7 Prozent der Stimmen abgelehnt worden. In keinem Kanton fand die Idee eine Mehrheit. Die Stimmbeteiligung lag bei nur 34 Prozent.