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Montag
30.08.2021

Medien / Publizistik

In den letzten 20 Jahren ist in Afghanistan eine lebendige und auch plurale Medienlandschaft gewachsen, mit Dutzenden von TV- und Radiosendern...

In den letzten 20 Jahren ist in Afghanistan eine lebendige und auch plurale Medienlandschaft gewachsen, mit Dutzenden von TV- und Radiosendern...

Vor der Reise von Bundesaussenminister Heiko Maas am Sonntag in die Türkei, nach Tadschikistan, Usbekistan und Pakistan appellierte Reporter ohne Grenzen (RSF) dringend an die Bundesregierung, afghanischen Medienschaffenden, die sich in Nachbarländern aufhalten, «grundsätzlich schnell und unbürokratisch Visa für Deutschland auszustellen», wie RSF mitteilt.

Da das Zeitfenster für Evakuierungen per Flugzeug aus Kabul mehr oder weniger geschlossen ist, versuchen mehrere gefährdete Journalistinnen und Journalisten in Drittländer zu fliehen oder sind dort bereits angekommen. Geflüchteten afghanischen Staatsangehörigen in Drittstaaten erteilt die Bundesrepublik allerdings nur im Einzelfall Visa, wie das Auswärtige Amt RSF in der vergangenen Woche mitgeteilt hat.

Die Organisation kritisiert zudem das völlig intransparente Vorgehen der Bundesregierung. «RSF hat in den vergangenen zwei Wochen mehrmals eine aktualisierte Namensliste mit besonders gefährdeten afghanischen Journalistinnen und Journalisten an das für Afghanistan verantwortliche Lagezentrum der Bundesregierung geschickt. Bis heute ist unklar, welche Listen am Flughafen in Kabul vorlagen.»

Bei RSF umfasste die Liste der deutschen Sektion der Organisation fast 70 Namen hochgefährdeter Leute aus den Medien. 25 von ihnen sind Frauen. Hinzu kommen mehr als 100 Familienmitglieder. Nach RSF-Informationen wurde bisher nur eine Journalistin, die auf der Liste der Organisation stand, jedoch auch gute Kontakte zur Bundeswehr hatte, aus Kabul ausgeflogen.

Unklar sei trotz RSF-Nachfragen auch, wen die Bundesregierung «bis zum Ende der militärischen Evakuierungsaktion als besonders gefährdet identifiziert hat», wie das Auswärtige Amt auf seiner Seite schreibt. Nur diese Personen können potenziell ein Visum für Deutschland beantragen.

Die Aussage ist aus Sicht von RSF problematisch, da nicht alle betroffenen Medienleute bis zum Stichtag erfasst wurden. Wie akut die Gefahr ist, zeigt auf tragische Weise das Schicksal des Journalisten Ali Reza Ahmadi. Auch er war unter den Medienschaffenden, die bei RSF Hilfe suchten. Er kam am Donnerstag bei den Bombenanschlägen am Flughafen Kabul ums Leben.

Die Zukunft der in den vergangenen 20 Jahren entstandenen lebendigen und durchaus pluralen Medienlandschaft Afghanistans mit Dutzenden TV- und Radiosendern und nahezu 200 Printmedien ist mehr als ungewiss. Seit der Machtübernahme der Taliban haben rund 100 private Lokalmedien insbesondere in den Provinzen fernab der Hauptstadt ihre Arbeit eingestellt.