Bundesrätin Viola Amherd hat am Donnerstag in ihrer Eröffnungsrede anlässlich des Swiss Media Forums in Zürich nicht mit Medienkritik gegeizt. Amherd störte sich vor allem über «geleakte» Bundesrats-Geschäfte – und wandte sich direkt an die Verlegerinnen und Verleger.
«Technik sei Dank. So können Anlässe wie das Swiss Media Forum auch in Zeiten von Corona durchgeführt werden.» Mit diesen Worten begrüsste Viola Amherd das Publikum, das zuhause oder am Arbeitsplatz via Livestream zugeschaltet war. Denn Zuschauerinnen und Zuschauer vor Ort sind am diesjährigen Swiss Media Forum nicht zugelassen.
Einzig die Teilnehmenden der verschiedenen Diskussionsrunden haben sich – mit dem erforderlichen Mindestabstand – vor der Kamera im Lake Side in Zürich eingefunden. Amherd selbst musste sich bei ihrer Rede allerdings nicht um die 1,5-Meter-Abstand-Regel kümmern: Sie sprach alleine am Rednerpult.
«Heute kann jeder und jede im Internet, auf Facebook, Twitter usw. publizieren. Umso wichtiger ist die Rolle der Journalistinnen und Journalisten. Sie müssen die Informationsflut bewältigen, die jeweiligen Aussagen einordnen und auf ihre sachliche Richtigkeit überprüfen», sagte die Verteidigungsministerin. «Wir brauchen mutige, ehrliche und unparteiische Medien, auch wenn sie nicht bequem sind.»
Doch sie mahnte auch zur Vorsicht: «Schnelligkeit und Quantität dürfen meiner Meinung nach nicht auf Kosten der Qualität geschehen. Die Menschen müssen darauf vertrauen können, dass ein Artikel recherchiert ist und dass die verschiedenen Meinungen korrekt abgebildet werden.»
Und Amherd wandte sich auch direkt an die Verlegerinnen und Verleger: «Die Medienbranche muss es schaffen, schnelle Online-Berichterstattung und gut recherchierten Hintergrundjournalismus unter einen Hut zu bringen.»
Die CVP-Bundesrätin störte sich allerdings daran, dass Bundesrats-Geschäfte noch vor ihrer Behandlung im Gremium «geleakt» werden. Sie schob zwar mit einem Augenzwinkern nach, dass es «manchmal ganz bequem» sei, bereits vor der Bundesratssitzung zu lesen, «was wir entscheiden werden».
Doch dann fand sie wieder deutliche Worte: «Im Ernst, ich frage mich jeweils, ob Artikel über ‚geleakte‘ Geschäfte der Bevölkerung einen Mehrwert bringen! Oder geht es nur darum, als erstes Medium eine vertrauliche Information veröffentlichen zu können und so Klicks zu generieren?»
Nach einem PR-Schwenk, in dem sie von den «grossen wirtschaftlichen Herausforderungen der Verlegerinnen und Verleger» und vom «umfassenden Massnahmepaket» des Bundesrates zugunsten der Medienbranche berichtete, kam sie auf die Verantwortung der Medien zu sprechen.
«Die Medien beeinflussen und kontrollieren die öffentliche Debatte. Sie entscheiden, über welche Themen sie berichten und welche nicht von Interesse sind. Und auch, wer zu welchen Themen befragt wird», so Viola Amherd weiter.
Bei ihrer Arbeit würden die Medien von Künstliche-Intelligenz-Technologien unterstützt, doch diese könnten, wie die Bundesrätin richtigerweise sagte, «keine Verantwortung übernehmen». «Es sind immer Menschen, die einordnen und abwägen und für den veröffentlichten Artikel geradestehen müssen.»
Abschliessend zeigte sie sich versöhnlich. «Unser Ziel muss es sein, die Menschen in unserem Land transparent und kompetent zu informieren. Um dieses Ziel zu erreichen, sind wir, die Medienschaffenden und die politischen Behörden, aufeinander angewiesen.»
Nach Amherds Rede sprach Marc Feuillée, Direktor der konservativen Pariser Zeitung «Le Figaro», über die digitale Transformation seines Blattes. Später übernahmen die Jungen Journalistinnen und Journalisten mit ihrer Diskussionsrunde «TikTok und die News-Deprivierten. Von Journalismus, Chancen, China und Datenschutz» das Geschehen. Ex-US-Botschafter Martin Dahinden lieferte kurz vor der Pause noch eine Analyse zu den aktuellen US-Wahlen.
Danach ging die zweite grössere Runde «Medienpolitik – was braucht es für die Sicherung der Medienvielfalt?», die vom Verband Schweizer Medien organisiert wurde, über die Bühne. Das Schlusswort des ersten Tages des Swiss Media Forum hatte dann Swatch-CEO Nick Hayek: «Wie die Medien innovativer sein können».