Der Schweizer Künstler Christoph Büchel liebt die grosse Aufregung. Das ist ihm mit vielen Nebenwirkungen 2019 an der Kunstbiennale in Venedig gelungen.
Büchel liess das Wrack eines libyschen Flüchtlingsschiffes, das 2015 im Mittelmeer gekentert war, als Ablenkung von der eigentlichen Biennale vor das Arsenal schleppen. Dort wurde der Schiffsrumpf unter dem Namen «Barca Nostra» zum viel beachteten Mahnmal für die grösste humanitäre Krise der neuen Zeit.
Die geschickt inszenierte Störung abseits der etablierten Kunst wurde zum medial am meisten verbreiteten Werk bei der Biennale. Dabei gehörte Büchels Werk gar nicht offiziell zum Programm.
Zum Programm des Künstlers gehört aber offenbar, dass Kunst vor allem anecken soll. So fragt man sich nun: Ist es eine neue Performance oder schlicht das Ziehen aus einer Verantwortung? Wie nach über einem Jahr bekannt geworden ist, wollte nämlich Christoph Büchel seinen vertraglichen Verpflichtungen immer noch nicht nachkommen, das Schiffswrack seinen Eignern zurückzubringen.
Beim Kentern des Schiffes sind 700 Menschen umgekommen. 2019 wurde heftig debattiert: Darf man ein solches Requisit des Todes im Kunstkontext einfach so zeigen? Heute diskutiert man, ob es rechtens ist, dass Büchel sich einen Teufel um die Abmachungen schert, dass er das Schiff von der sizilianischen Gemeinde Augusta nur ausgeliehen hat.
Der Bürgermeister von Augusta behält sich rechtliche Schritte vor, wie das Fachblatt «Art Newspaper» berichtet. Der Künstler habe sich zum Rücktransport auf seine eigenen Kosten verpflichtet.
Die Biennale und Büchels Galerie Hauser & Wirth in Zürich betonen, nicht in das Projekt involviert zu sein.
Nun denn, auch wenn das Wrack 2019 vor der historischen Küste in Venedig sehr pittoresk wirkte, ein romantischer Landschaftsmaler wollte Christoph Büchel trotzdem nie sein. Das zeigt ein Blick in sein Portfolio. 2010 hat der Artist bereits einmal für viel Ärger gesorgt, als er mit Geldern von Pro Helvetia das Inventar eines Swingerclubs in den Raum vor dem Beethovenfries von Gustav Klimt im geheiligten Jugendstilmuseum Wiener Secession transportieren liess.
2015 hat der populistische Kunstmann aus Basel eine stillgelegte Kirche in Venedig zu einer als Kunst deklarierten Moschee umgebaut. «L’art pour l’art» oder vielleicht tatsächlich entkunstete Art, wie der Klein Report als neue Stilschöpfung vorschlägt?