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Dienstag
22.06.2021

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Der legendäre Unterwäsche-Konzern will künftig nur noch mit Frauen werben, die für ihre Leistungen bekannt sind...

Der legendäre Unterwäsche-Konzern will künftig nur noch mit Frauen werben, die für ihre Leistungen bekannt sind...

Sie haben einen goldenen Stern auf dem Hollywood Boulevard – und dieser wird nicht vollständig einem Gender-Sternchen weichen. Ein bisschen Fortschritt soll aber schon durchblitzen bei der luftigen Lingerie von Victoria’s Secret. Den legendären Angels werden nämlich die Flügel gestutzt.

Konkret: Den verführerischen Schönheiten soll es in Zukunft in einem neuen Wortsinn an die Wäsche gehen. Geschäftsführer Martin Waters hat nämlich im Interview mit «The New York Times» letzte Woche verraten, dass die Zeiten der Flügel tragenden Models auf dem Laufsteg vorbei sind. Die «Engel», wie die Models jahrzehntelang genannt wurden, seien «kulturell nicht mehr relevant».

Wobei an dieser Stelle für Nicht-«Gala»-Leser anzumerken ist, dass Victoria Beckham von den Spice Girls und Ehefrau von Ex-Fussballer David Beckman höchstens heimlich in dieser Unterwäsche rumläuft. Sonst hat sie als Model trotz Vergangenheit mit Wäsche-Aufnahmen ausser dem Vornamen nichts mit Victoria’s Secret zu tun. Ein echter Angel ist hingegen Gisele Bündchen. Sie hat 2000 einen Vierjahresvertrag im Wert von 25 Millionen Dollar beim Label unterschrieben.

Dieses ist 1977 von Roy Raymond und seiner Frau Gaye gegründet worden. Von 1995 bis 2018 pushten sie ihre BHs an einer jährlichen Modeschau jeweils mit «Fantasy Angels» zur Top-Marke. Auf dem Höhepunkt waren es 1'070 Läden quer durch die USA, die jeweils kurz vor Ladenschluss am 24. Dezember noch von Ehemännern auf der Suche nach einem lieb gemeinten Weihnachtsgeschenk für ihre Frauen überrannt wurden.

Aber schon 2016 musste der Katalog mit den Angels für immer im Altpapier landen. Dann zeigten sich auch beim Aktienkurs der grössten Kette für Lingerie in den USA immer mehr Falten, die nicht mehr mit Tüll überdeckt werden konnten.

Zwar sagte noch 2018 der damalige CEO Ed Razek in einem Interview für die «Vogue», dass bei seiner Modenschau keine Plus-Size- und Transgender-Models auftreten sollten, da es sich bei der Show um eine Fantasie und nur um Entertainment handle. Die Aussage ging in die Höschen.

Aber jetzt soll für das Label ein zweiter Frühling locken. Das Unternehmen will künftig nicht nur mit Laufstegschönheiten, sondern auch mit Künstlerinnen, Sportlerinnen und Aktivistinnen zusammenarbeiten. Es solle eine «Gruppe von Frauen sein, die die gemeinsame Leidenschaft haben, positive Veränderungen zu bewirken».

Unter den neuen Gesichtern der Marke sind Schauspielerin Priyanka Chopra, Transgender-Model Valentina Sampaio und Fussballspielerin Megan Rapinoe.

Die Bekanntgabe wird in der Branche als Teil einer längst überfälligen Neuausrichtung von Victoria’s Secret gewertet. Die «Body Positivity»- und «Me Too»-Bewegungen stehen für ein neues Selbstbewusstsein.

Darum soll die Werbung jetzt nachhaltiger werden. «Früher sah Victoria’s Secret nur durch eine Linse. Und die hiess sexy», sagte heute Geschäftsführer Waters. «Ich habe schon lange gewusst, dass wir diese Marke ändern müssen, wir hatten nur nicht die Kontrolle über das Label, um dies tun zu können.» Im Mai 2020 war die erhoffte Übernahme des kriselnden Unternehmens durch den Finanzinvestor Sycamore Partner zum Teil auch wegen Corona gescheitert. Nachdem der umstrittene Chef Leslie Wexner dennoch sein Amt wie geplant niedergelegt hat, will man mit der Neuausrichtung nun retten, was noch zu retten ist.