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Montag
26.12.2022

Medien / Publizistik

Vor allem die Städte Amsterdam, Berlin, Riga und Tiflis haben sich zu Magneten für fliehende russische Medienschaffende entwickelt. (Bild Screenshot Studie)

Vor allem die Städte Amsterdam, Berlin, Riga und Tiflis haben sich zu Magneten für fliehende russische Medienschaffende entwickelt. (Bild Screenshot Studie)

Am 24. Dezember sind es genau zehn Monate seit dem Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine. Eine neue Studie zeigt, wie die unabhängigen russischen Medien im In- und Ausland zu überleben versuchen.

Keine zwei Wochen nach dem Überfall auf die Ukraine hat der Kreml Anfang März eine Gesetzesänderung durchgedrückt, wonach jede russische oder ausländische Person zu bis zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt werden kann, wenn sie «falsche Informationen» über die russischen Streitkräfte verbreitet.

Ganze Redaktionen sahen sich gezwungen, das Land Hals über Kopf zu verlassen – mit der Hoffnung, die journalistische Arbeit aus anderen Ländern fortführen zu können und den Menschen in Russland den Zugang zu unabhängigen Informationen weiter zu ermöglichen. 

Das ist keine leichte Aufgabe, wie die am Freitag vor Weihnachten publizierte Studie «Rebuilding Russian Media in Exile – Successes, Challenges and the Road Ahead» anschaulich vor Augen führt.

Ist der Umzug überstanden, müssen sich die Medien komplett neu organisieren und parallel zur täglichen journalistischen Arbeit redaktionelle Räume oder Studios einrichten, bürokratische Hürden überwinden, neue Geschäftsmodelle entwickeln. 

Zum Beispiel müssen sich die Medienschaffenden mit langwierigen Visa-Fragen oder mit den Widrigkeiten bei der Eröffnung eines Bankkontos auseinandersetzen. Aus der ständigen Angst vor Visaverboten oder Sperrungen von Bankkonten richten viele Exilmedien Back-up-Büros ein, verteilen Teams auf mehrere Länder und juristische Personen, geht aus dem Bericht weiter hervor.

Vor allem die Städte Amsterdam, Berlin, Riga und Tiflis haben sich zu Magneten für fliehende russische Medienschaffende entwickelt.

Auch Erfolgsbeispiele werden von den Autoren beschrieben. Um den Draht zum Stammpublikum trotz Blockaden und Zensur zu halten, ist technische Kreativität gefragt, etwa basierend auf Google AMP oder mit Spiegelseiten.

Die neue App von Radio Echo zum Beispiel wurde vom Team des geschlossenen unabhängigen Radiosenders Echo Moskwy entwickelt. Es werde in Russland «intensiv genutzt». 

Erwähnt wird in dem Bericht auch, dass es an keinem der Standorte eine «nennenswerte Zusammenarbeit bei gemeinsamen Projekten mit lokalen Medien» gegeben habe. Das verstärke das «Gefühl der Ächtung» der ja eigentlich kremlkritischen Journalisten und Journalistinnen weiter.

Die Studie ist als Kooperation entstanden. Beteiligt waren The Fix Media und das Media Center der Stockholm School of Economics sowie der JX Fund, der im April 2022 gemeinsam von Reporter ohne Grenzen (RSF), der Rudolf Augstein Stiftung und der Schöpflin Stiftung gegründet wurde. 

Die Stiftung hilft Medienschaffenden unmittelbar nach ihrer Flucht aus Kriegs- und Krisengebieten dabei, ihre Arbeit aus dem Exil heraus fortzusetzen.