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Donnerstag
07.06.2012

Ende Mai hat Ringier seinen Rückzug von PresseTV bekannt gegeben; die Produktion der Sendungen «SprechstundeGesundheit», «CashTV», «MotorShow» und «Sonntagsblick Standpunkte» wird nur noch bis Ende Jahr weitergeführt. Ab 2013 werden die Partner NZZ, «Basler Zeitung» und «Bilanz» allein weitermachen (müssen). Bedeutet der Ausstieg des grössten Schweizer Verlagshauses auch das Ende des Verlegerfernsehens? Ein Gespräch mit Hansjürg Deutsch, der treibenden Kraft seit der ersten Stunde von Presse TV und auch weiterhin dessen Geschäftsführer.

Fibo Deutsch, seit 52 Jahren bei Ringier angestellt und nach eigener Aussage noch immer zu 100 Prozent dort tätig, trägt in der Sache zwei Hüte: Den des Ringier-Angestellten, der er seit einem halben Jahrhundert ist, und den des Geschäftsführers von PresseTV, den er auch weiterhin aufbehalten wird: «Man hat mich an der letzten VR-Sitzung, als der Ausstieg von Ringier Thema war, gebeten, die Geschäftsführung weiterhin zu besorgen, und ich mache das nicht nur aus Pflichtgefühl weiterhin, sondern aus Ueberzeugung. Weil ich es wirklich sehr, sehr schade fände, wenn es Sendungen wie zum Beispiel die `MotorShow` nicht mehr gäbe, für welche das Schweizer Fernsehen weder den Willen noch das Beziehungsnetz hat.»

Deutsch hält es im neuen digitalen Zeitalter, in dem x Spielformen sich anbieten, für an der Zeit, dass man neue Strukturen überdenkt und nicht einfach alles kippt, was die Verleger seit 1996 aufgebaut haben: «`Gesundheit Sprechstunde` hat 20 Prozent Marktanteil und ist Lebensberatung pur, `Cash TV` berichtet nicht im Bankerjargon über Krisen, sondern ist Wirtschaft für jedermann. Wir brachten mit PresseTV Farbe und das Boulevardmoment ins Schweizer Fernsehen, ein Zwischending zwischen reiner Information und Tivialunterhaltung à la `Deal or No Deal`. Wir haben uns den Themen gewidmet, die das Leben ausmachen: Gesundheit, Essen, Konsum, Auto.»

Weshalb dann also der Ringier-Ausstieg? «Da habe ich wiederum volles Verständnis», sagt Deutsch, «Marc Walder hat den Auftrag, das Verlagshaus schlank zu trimmen, er muss sparen. Der Betrieb von PresseTV an sich war zwar nie defizitär und ist es auch heute nicht, weil wir noch von den guten Zeiten zehren. Doch kostendeckend kann bei dem Betrag, den uns die SRG zahlt, nicht weiterproduziert werden.»   Die besseren Zeiten, das waren die Jahre, als die SRG jährlich zwölf Millionen an PresseTV zahlte (mit dem Recht, den Werbeverkauf selbst zu besorgen, nicht aber das Sponsoring); seit 2009 sind es noch fünf Millionen. Deutsch: «Dafür haben wir rund 8500 Sendeminuten pro Jahr produziert, mit 40 Angestellten und auf - finde ich - beachtlichem Niveau.»

Dass die SRG für 588 Franken pro Minute keine Sendungen dieser Art produzieren kann, liegt auf der Hand. Wenn auch nicht bei allen SRG-Mitarbeitern gern gelitten (Deutsch: «Presse TV war so etwas wie die Privatabteilung in einem Allgemeinspital»), so füllte PresseTV aber gleichwohl viele Sendeplätze (zu den Erstausstrahlungen kamen, vor allem auf SF info und im Sommerloch, unzählige Wiederholungen hinzu).

Was wird man nach 2013 tun, wenn der bestehende Vertrag ausläuft und wenn 550 Minuten «Standpunkte», 1000 Minuten «Gesundheit Sprechstunde», 1000 Minuten «MotorShow» und 1000 Minuten «CashTV» fehlen werden? Diese Sendeplätze zu füllen, dürfte die SRG weit mehr als bisher kosten. Hat Ringier im Wissen um diese Zahlen hoch gepokert, vorsorglich den Produktionsvertrag gekündigt und will nun von einer anderen Warte aus neue Vertragsverhandlungen führen?

«Nein», sagt Hansjürg Deutsch, «Ringier zieht sich von PresseTV endgültig zurück, der wirtschaftliche Druck ist einfach zu gross, alle Verlagshäuser sparen. Und die Produktion der vier Sendungen für Presse TV war seit der Budgetkürzung ganz klar defizitär.» Ringier wird seine 30 Prozent Aktienkapital an PresseTV zurückgeben (weitere 30 Prozent sind bei der NZZ, 20 Prozent bei Alexander Kluge und je zehn Prozent bei BaZ und Axel Springer Schweiz). Und immerhin ist der Ringier-Mann Hansjürg Deutsch weiterhin Geschäftsführer von PresseTV - und auch der Mann, der das Mandat hat, für das «Verlegerfernsehen» jetzt mit der SRG Gespräche über die Zukunft zu führen.