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Donnerstag
11.09.2025

Medien / Publizistik

«Ein erheblicher Teil der Einnahmen der lokalen Presse stammt aus Printwerbung», sagt Sébastien Hersant, Generaldirektor von ESH Médias... (Bild: zVg)

«Ein erheblicher Teil der Einnahmen der lokalen Presse stammt aus Printwerbung», sagt Sébastien Hersant, Generaldirektor von ESH Médias... (Bild: zVg)

Nach der abrupten Einstellung der Zeitung «La Région» im Juli, springt die Westschweizer Verlagsgruppe ESH Médias in die Marktlücke und lanciert im November die neue Wochenzeitung «Le Nord Vaudois», wie der Klein Report berichtete.

Der Klein Report sprach mit Sébastien Hersant, seit Anfang 2024 Generaldirektor von ESH Médias, über das im Eiltempo aus dem Boden gestampfte neue Zeitungsprojekt, die anhaltende Wichtigkeit der Print-Werbung für die Lokalpresse und über den Namen «Le Nord Vaudois», den es bereits einmal gab.

Was hat Sie motiviert, nach der Einstellung von «La Région» eine neue Wochenzeitung im nördlichen Waadtland zu gründen?
Sébastien Hersant
: «Für ESH Médias ist diese Gründung aus zwei Gründen motiviert: Erstens unsere Verantwortung als Verleger angesichts der Gefahr einer Medienwüste in dieser Region. Es ist unsere Philosophie und Strategie, lokale Nachrichten zu fördern. Wir sind von ihrem Nutzen für die Westschweizer überzeugt.»

...und der zweite Beweggrund?
Hersant: «Zweitens liegt die kommerzielle Logik unseres Verlags darin, einen bedeutenden Teil der Westschweiz – vom Genfer Stadtrand bis in den oberen Kanton Neuenburg – lückenlos abzudecken. So festigen wir unsere Präsenz und verbessern unsere Reichweite bei Lesern und Anzeigenkunden.»

Welche Rolle sehen Sie für «Le Nord Vaudois» in der lokalen Medienlandschaft?
Hersant: «Die Nord-Waadtländer Region spielt eine wichtige Rolle. Wie bereits erwähnt, bestand die Gefahr einer Medienwüste. Neben der Nähe zu den Lesern ist aber auch wichtig, dass die Lokalpresse einen Beitrag zur Förderung der wirtschaftlichen Dynamik einer Region leistet und ein zentraler Kommunikationskanal für lokale Unternehmen ist, die ein lokales Publikum erreichen möchten.»

Wie sind Sie auf dem Werbemarkt aufgestellt?
Hersant: «Unser Angebot ist in Kombination mit digitaler und Aussenwerbung noch wirkungsvoller. Um dem Beispiel von Yverdon und seiner Region zu folgen, werden wir Printmedien, eine digitale Plattform und das Travys-Transportnetz («Transports Vallée-de-Joux & Yverdon-les-Bains», Anm. d. Red.) anbieten, das wir seit Ende letzten Jahres vermarkten. Kurz gesagt: Wenn Sie im nördlichen Teil des Kantons Waadt kommunizieren möchten, besteht kein Zweifel darüber, wen Sie ansprechen sollten.»

Wie unterscheidet sich dieser Titel von früheren Publikationen oder anderen Regionalzeitungen?
Hersant: «Es gibt zwei wesentliche Unterschiede. Erstens lancieren wir ein hybrides Medium, das die Komplementarität zwischen Print und Digital voll ausschöpft. Zweitens können wir auf eine organisierte Verlagsgruppe zurückgreifen, die die Entwicklung der Lokalpresse unterstützt. So setzen wir auf unsere Werbevermarkterin impactmédias, eine digitale Plattform, die bereits von mehreren Publikationen genutzt wird, unser eigenes Druckzentrum und schliesslich auf ein Netzwerk von Publikationen, die redaktionelle Partnerschaften ermöglichen. Diese Kombination ermöglicht uns ein nachhaltiges Wirtschaftsmodell für lokale Medien.»

Der Chefredaktor von «Le Nord Vaudois», Jean-Philippe Pressl-Wenger, war zuvor Chefredaktor von «La Région». Drei weitere Mitglieder der Redaktion der ehemaligen Zeitung werden auch für die neue Zeitung arbeiten. Dies könnte den Eindruck erwecken, dass die neue Publikation die bisherige redaktionelle Linie fortführt. Ist das nicht ein Handicap für diesen Neuanfang? 
Hersant: «Ich hatte nicht den Eindruck, als würde die redaktionelle Linie von ‚La Région‘ in Frage gestellt. Meines Erachtens geht es eher darum, dass es für eine unabhängige Lokalzeitung schwierig ist, eine minimale Rentabilität zu erzielen, da sie ihre eigenen laufenden Kosten und Investitionen in die digitale Transformation investieren muss. Darüber hinaus vertraue ich voll und ganz darauf, dass Jean-Philippe Pressl-Wenger und sein Team eine lokale und neutrale redaktionelle Linie verfolgen und so alle Einwohner der Region erreichen.»

Der Name «Le Nord Vaudois» erinnert an eine Zeitung, die vor mehr als 20 Jahren eingestellt wurde. Ist das ein nostalgischer Schritt oder eher eine Marketingstrategie?
Hersant: «Vor allem geht es darum, alle Einwohner des Bezirks anzusprechen und keinen Zweifel an ihrem Anspruch zu lassen, die Region einheitlich abzudecken. Weder Marketing noch Nostalgie, sondern einfach gesunder Menschenverstand.»

Die Startauflage soll bei 48’000 Exemplaren liegen. Welche Reichweite und welches Publikum wollen Sie konkret erreichen?
Hersant: «Es muss klar unterschieden werden zwischen der Haushaltsausgabe, die tatsächlich einmal monatlich in einer Auflage von 48‘000 Exemplaren verteilt wird, und der Abonnentenausgabe, deren Auflage von der Anzahl der Abonnenten abhängt und jeden Freitag verteilt wird. Wir wollen alle Einwohner und Unternehmen des Bezirks erreichen. Die Region hat rund 100‘000 Einwohner in rund 70 Gemeinden. Unser Hybridangebot trägt diesem Ziel Rechnung, indem es jedem die Möglichkeit gibt, dieses neue Medium nach den persönlichen Vorlieben zu nutzen.»

Warum setzen Sie auf eine Wochenzeitung mit hoher Print-Auflage, anstatt stärker auf digitale Inhalte zu setzen?
Hersant: «Auch hier gilt: Wir bevorzugen weder das eine noch das andere, sondern bieten beide Formate an. Die digitale Ausgabe bietet Reaktionsschnelligkeit und Zugänglichkeit, die Printausgabe einen besseren Lesekomfort und die Haushaltsausgabe ein effektives Kommunikationsmedium für die Unternehmen der Region. Man darf nicht vergessen, dass ein erheblicher Teil der Einnahmen der lokalen Presse aus Printwerbung stammt, und das ist ein logischer Teil unseres Modells.»

Wie sehen die langfristigen Pläne für die Zeitung aus, vor allem bei den Abonnements und auf dem Werbemarkt?
Hersant: «Ich werde keine Zahlen nennen; das sind vertrauliche Informationen. Ich kann Ihnen nur sagen, dass unser Ziel darin besteht, innerhalb von zwei Jahren die Gewinnschwelle zu erreichen. Bis das Projekt insgesamt profitabel ist, wird es etwas länger dauern.»