18 Parlamentarier reichten beim Presserat eine Beschwerde gegen die «Schweiz am Sonntag» und deren Artikel «Geri Müller: Nackt-Selfies aus dem Stadthaus» ein. Sie vermuteten sogar eine politische Intrige, die von «Müllers Gegnern» inszeniert wurde. Die Redaktion der «Schweiz am Sonntag» habe Geri Müller nicht bloss kritisiert, sondern öffentlich diskreditiert und damit «zu einem Rücktritt bewegen wollen».
Der Presserat hiess die Beschwerde in einem am Mittwoch publizierten Entscheid gut und bestätigte, dass die «Schweiz am Sonntag» die Privat- und Intimsphäre des Stadtammanns und grünen Politikers Geri Müller «in schwerer Weise» verletzt habe.
Im Zusammenhang der angeblichen «politischen Intrige» erwähnten die Parlamentarier vor dem Presserat auch Peter Wanner, den Inhaber und Verleger der AZ Medien, zu der wiederum die «Schweiz am Sonntag» gehört. Wanner wiederum wurde durch den Entscheid des Presserates auf den Plan gerufen.
Über eine noch am gleichen Tag publizierte Medienmitteilung äusserte sich der Verleger öffentlich in einer Stellungnahme, verschickt durch die AZ Medien: «Es steht zu befürchten, dass der Entscheid aufgrund von politischem Druck zustande gekommen ist», dreht Wanner das Argumentationsblatt kurzerhand um.
Die Veröffentlichung des Artikels über Geri Müller halte er nach wie vor für «angebracht, denn die Recherchen der `Schweiz am Sonntag` haben sich als richtig erwiesen», findet Wanner. Diese Ansicht steht im krassen Widerspruch zur Meinung des Presserates, der zum Ergebnis gelangte, dass sich die Zeitung vorwerfen lassen müsse, «nicht genügend recherchiert» zu haben.
Auch der letzte Satz in Wanners Stellungnahme verdeutlicht, dass Presserat und Verleger auf keinen gemeinsamen Nenner kommen: «Die entscheidende Frage bleibt, ob sexistische Handlungen von Exekutivpolitikern in Amtsräumen statthaft sind und wenn sie vorkommen, ob sie den Schutz der Privat- und Intimsphäre beanspruchen dürfen. Im Gegensatz zum Presserat haben wir diese Frage nicht bejaht.»