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Mittwoch
27.11.2002

Ein Lausanner Untersuchungsrichter verlangt von den drei Schweizer Telekommunikationsbetrieben präzise Handydaten zur Aufklärung eines Banküberfalls mit einer Geiselnahme: «Einer der Täter wurde von Zeugen beobachtet, als er mit seinem Handy telefonierte.» Wie der kantonale Untersuchungsrichter Jean Treccani am Mittwoch bestätigte, verlangte darum der Lausanner Beamte als erster Schweizer Untersuchungsrichter von den drei Schweizer Telekommunikationsbetrieben präzise Handydaten: Er wollte wissen, welche Anrufe an einem bestimmten Ort und zu einer bestimmten Zeit gemacht worden waren. «Ausgehend vom Datum, der Uhrzeit und dem Ort können technisch gesehen alle Nummern ermittelt werden, die zum Zeitpunkt des Überfalls Anrufe gemacht oder erhalten haben», sagte Treccani weiter. Weil man über keine weiteren Indizien verfüge, sei dieses Element sehr wertvoll für die Ermittlungen.

Das Gesetz verpflichtet die Telekommunikationsbetriebe dazu, in schwerwiegenden Fällen solche Daten zur Verfügung zu stellen. Treccani ist der Ansicht, dass diese Voraussetzung gegeben sei. Die drei Schweizer Telekommunikationsbetriebe Swisscom, Sunrise und Orange verweigerten jedoch die Herausgabe der entsprechenden Daten. Sie begründeten dies mit dem Persönlichkeitsschutz ihrer Kunden.

Orange-Sprecherin Therese Wenger sagte, dass ein Richter «zum ersten Mal die Gesamtheit aller Daten für einen bestimmten Ort» verlangt habe. «Die Zahl der potenziell Verdächtigen ist enorm», sagte Swisscom-Sprecher Christian Neuhaus. Mehrere zehntausend Personen seien betroffen, denn ein bestimmter Punkt in Agglomerationsgegenden werde stets von mehreren Antennen bedient. Ein Argument, das Treccani nicht gelten lässt. Der Banküberfall sei nicht mitten in einer Stadt geschehen, sagte er. Die Zahl der Personen, die sich im Bereich der besagten Antenne befunden hätten, sei nicht immens.

Die Rekurskommission des Eidg. Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek) muss nun entscheiden, ob mit der Herausgabe dieser Daten der Persönlichkeitsschutz der Mobiltelefonierer verletzt wird oder nicht. Gäbe die Kommission den Waadtländer Behörden grünes Licht, wäre dies ein Präzedenzfall in der Schweiz. Die Untersuchungsrichter würden inskünftig über neue Möglichkeiten bei der Aufklärung von Verbrechen verfügen.