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Dienstag
15.03.2016

IT / Telekom / Druck

Noch während die US-Justizbehörden und das FBI im «San Bernardino»-Fall gerichtlich gegen Apple vorgehen, bahnt sich bereits der nächste Streit in Sachen Datenverschlüsselung und Privatsphäre an: US-amerikanische Regierungsvertreter verhandeln nach Beamteninformationen derzeit hinter geschlossenen Türen, ob ein Streit mit dem Nachrichtendienst WhatsApp vor Gericht gezogen werden soll.

In einer laufenden Strafuntersuchung hat ein Bundesrichter den Untersuchungsbehörden zunächst bewilligt, den WhatsApp-Dienst anzuzapfen. Die Behörde sah sich allerdings mit einer Datenverschlüsselung konfrontiert, die sie trotz Richter-Erlaubnis an der Abhöraktion gehindert haben soll, so die Information der «New York Times».

Daher überlegt sich das Justizdepartement derzeit, wie es in dieser Strafuntersuchung weiter vorgehen soll. Sowohl das Justizdepartement als auch WhatsApp wollten das nicht kommentieren. Gemäss den NYT liege das daran, dass die Abhöranordnung und die damit zusammenhängenden Informationen geheim sind.

Allerdings halten viele Gesetzeshüter und Sicherheitsexperten einen Gerichtsfall für unvermeidlich, da die Abhörungsgesetze zuletzt «vor einer Generation» revidiert wurden: Zu einem Zeitpunkt, als noch über Festnetz telefoniert wurde und die Gespräche problemlos abgehört werden konnten.

«Das FBI und das Justizdepartement warten lediglich auf den Streit, der für sie am besten aussieht. Auf einen Fall, der ihre Forderung sinnvoll erscheinen lässt», zitiert die NYT Peter Eckersley, einen leitenden Computerwissenschaftler an der Electronic Frontier Foundation, die sich auf digitale Recht spezialisiert hat. Worin es im aktuellen Fall genau geht, ist nicht bekannt.

Ende 2014 hat WhatsApp-Gründer Jan Koum begonnen, seine Systeme mit hochentwickelter Technologie, sogenannter «end-to-end Verschlüsselung», zu codieren. Nachrichten können so nur noch vom Empfänger gelesen werden. «WhatsApp kann keine Informationen herausgeben, die wir nicht haben», sagte das Unternehmen daher kürzlich, als die brasilianische Polizei einen Facebook-Vertreter in einem weiteren Fall verhaftete, in dem WhatsApp-Informationen eine wichtige Rolle spielen.

Weiter ironisch: Die US-Regierung selber zahlte über den «Open Technology Fund» 2,2 Millionen US-Dollar für die Entwicklung von «Open Whisper Systems», um die Bürgerrechte in Ländern mit unterdrückenden Regierungen voranzutreiben. Nun wird dieses System für die US-Behörden zum Boomerang, denn «Open Whisper Systems» ist nun das Rückgrat für die Verschlüsselung von WhatsApp.