Die Diskussion um eine direkte staatliche Presseförderung kommt nicht voran: Der Medienartikel stösst in der Vernehmlassung auch nach dreieinhalbjähriger Arbeit immer noch auf zahlreiche Kritik. Seit 1999 schlägt die Staatspolitische Kommission des Nationalrats (SPK-N) vor, mit einem Verfassungsartikel für eine Medienpolitik den Bund zu verpflichten, die Vielfalt und Unabhängigkeit der Medien direkt zu fördern. Bis heute wird die Presse nur indirekt via Posttaxen gefördert.
Von den Bundesratsparteien begründet die SP die Notwendigkeit eines Medienartikels mit dem Konzentrationsprozess in der Pressebranche. Die Marktkräfte tendierten zu Zuständen, die politisch korrigiert werden müssten. Die Grünen teilen diese Ansicht, kritisieren aber die Förderungskriterien der SPK-N. Quantitativen Anforderungen wie Abonnierbarkeit oder Erscheinungshäufigkeit ziehen sie qualitative Massstäbe vor. Die FDP befürwortet eine direkte Presseförderung, weil sich das geltende indirekte System als wenig wirkungsvoll erwiesen habe. Zusätzliche Regulierungen im Medienmarkt lehnt sie hingegen entschieden ab. Die CVP will den Gesetzesentwurf zum Medienartikel abwarten: Erst dann zeige sich, ob die im Kommissionsbericht skizzierten Kriterien richtig seien. Die SVP lehnt sowohl eine direkte wie eine indirekte Presseförderung ab: Medienförderung sei nicht Aufgabe eines demokratischen Staates.
Fast einhellig lehnt die Branche selbst den Medienartikel ab: Der Verband Schweizer Presse zieht eine indirekte Förderung vor, um die Unabhängigkeit der Presse nicht zu gefährden. Laut Geschäftsführerin Eva Keller will die Dachorganisation der Verleger bis im September ein Gesamtsystem zur Presseförderung vorlegen. Auch der Schweizer Verband der Journalistinnen und Journalisten (SVJ) und das Schweizer Syndikat Medienschaffender (SSM) sehen die Unabhängigkeit der Presse gefährdet. Der SVJ kritisiert zudem Förderungskriterien wie Abonnierbarkeit und Erscheinungshäufigkeit. Auf diese Weise würden Monatszeitschriften, Mitgliedschaftspresse und Gratiszeitungen ausgeschlossen. Der Presserat sähe es lieber, wenn der Bund in die Aus- und Weiterbildung der Journalisten und in Ombudsstellen investieren würde. Einzig die Mediengewerkschaft comedia befürwortet den Verfassungsartikel; sie fordert aber ebenfalls qualitative Förderungskriterien.
Der Zürcher und der Genfer Regierungsrat plädieren für die Beibehaltung einer indirekten Förderung der Presse; Graubünden lehnt die Vorlage rundweg ab. Zustimmend haben sich bisher Thurgau und Schaffhausen geäussert. Die Post, die Presseerzeugnisse verbilligt befördert, knüpft einen Systemwechsel an Bedingungen: In diesem Fall müssten sofort marktübliche Preise eingeführt werden. Mehrkosten, die der Post bei einem Systemwechsel entstünden, müsse der Bund entgelten. - Mehr dazu: Schweizer Medienschaffende gegen direkte Presseförderung, Schweizer Presserat skeptisch gegen Medienpolitik und Comedia sieht Reformbedarf bei der Medienpolitik
Sonntag
02.02.2003