Die Verschiebung ins Digitale macht auch vor den Werbe- und Kreativagenturen keinen Halt: Im dritten Teil der Umfrage des Klein Reports erklären Dennis Lück, Chief Creative Officer von Jung von Matt und Andreas Widmer, CEO Y&R Group Switzerland, was das für die Branche bedeutet.
«Online bleibt weiterhin auf der Überholspur», erklärt Lück die «gemessene Temperatur» in der Kommunikations-Branche, wobei er insgesamt von einem leichten Aufschwung im 2016 ausgeht. Dieselbe Entwicklung hat auch Widmer wahrgenommen. Die Branche habe sich wie schon 2015 stärker digitalisiert, mit all ihren positiven und negativen Auswirkungen. «Wer die digitale Revolution nicht umarmt, wird von ihr erdrückt», sagt Widmer.
Die Digitalisierung sei unterdessen die treibende Kraft für alles und zähle in der Kommunikationsbranche «ganz klar zu den Gewinnern», wie Widmer sagt. «Je klassischer und weiter weg von der Digitalisierung, desto schwieriger ist es für ein Medium», erklärt er. Dem widerspricht Dennis Lück teilweise: «Sogar Old-School-Medien wie Print gewinnen wieder», sagt der Kreativkopf von Jung von Matt.
Die «gefühlte» Temperatur der Branche bezeichnet Lück aber als ziemlich turbulent. «Noch nie habe ich so viel Stühle-Rücken und Personalrochaden erlebt wie in diesem Jahr.» Abgesehen davon bleibe ihm das Medienjahr 2016 vor allem wegen einem Wort in Erinnerung: «Das Wort lautet postfaktisch. Dabei sind die ersten postfaktischen News schon über 2000 Jahre alt. Da berichtete man über eine unbefleckte Empfängnis und die Welt glaubt es noch heute.»
Auch im Jahr 2017 soll die Verschiebung ins Digitale weitergehen: «Programmatic Advertising und Performance Marketing werden bedeutend gewinnen, während klassische Medien noch stärker unter Druck kommen», prognostiziert Andreas Widmer. Dafür gewinnen gemäss dem Y&R-Geschäftsführer content-orientierte Kommunikationsformen an Bedeutung. «Alles was langweilt, interessiert nicht und kann vom Konsumenten immer stärker ausgeblendet werden», führt Widmer dazu aus.
Lück hat für 2017 vor allem einen Trend auf dem Zettel. «Es ist ja fast schon kein Trend mehr, sondern ein Must: Programmatic Creativity wird das bestimmende Thema unserer Branche sein. 80 Prozent der Unternehmen wollen das gemäss einer aktuellen Umfrage bereits dieses Jahr in ihre Pläne mitaufnehmen», so Lück. Wer als Marke erfolgreich sein will, komme nicht mehr an Programmatic Creativity vorbei.
Mit der Digitalisierung kommt auf die Y&R Group eine besondere Herausforderung zu, nämlich das Talent-Management. «Die richtigen Mitarbeitenden finden und die richtigen Mitarbeitenden behalten», bezeichnet Widmer als eine der grössten internen Herausforderungen für 2017. Extern betrachtet gehe es vor allem darum, mit der steigenden Komplexität der Erreichbarkeit von Kunden umgehen zu können.
Und für Dennis Lück geht es nach «dem besten Jahr meiner bisherigen Karriere», wie er selber sagt, auch 2017 turbulent weiter. Nach seinem Wechsel im Juli von FCB Zürich, der grossen Gewinnerin bei den Cannes Lions 2016, zu Jung von Matt soll es in ähnlichem Stil weitergehen. «Hier ist so dermassen der Teufel los, ich freue mich schon auf den Rückblick auf 2017», sagt Lück abschliessend.