Diverse Schweizer Medienhäuser empfangen in diesen Tagen Journalisten und Journalistinnen aus der Ukraine – und erfahren aus erster Hand, wie essenziell halbwegs geregelte Medienarbeit in Kriegszeiten ist.
Sie besuchten die «Schaffhauser Nachrichten» (SN), die «Schweizer Illustrierte» (SI) – und sie schauten auch bei der TX Group vorbei. Rund 20 Journalistinnen und Journalisten aus der Ukraine sind derzeit auf Einladung des Schweizer Verlegerverbands in der Schweiz unterwegs und erzählen über ihre Erfahrungen aus dem Krieg.
Mit dem Einmarsch der russischen Truppen am 24. Februar 2022 änderte sich nicht nur das Leben der ukrainischen Bevölkerung insgesamt grundlegend, sondern auch die Arbeitsbedingungen für Journalistinnen und Journalisten.
«Für die Medienarbeit unter Kriegsbedingungen braucht es psychologische Integrität und die Möglichkeit der Entspannung, um den Stress zu bewältigen», sagt beispielsweise Journalistin Ilona Makedon. «Einige meiner Kollegen waren wegen ihrer Arbeit als Journalisten an der Front traumatisiert.»
SI-Chefredaktorin Silvia Binggeli begrüsste die Gäste persönlich, überreichte ihnen Belegexemplare von Zeitschriften, in denen die Ukraine speziell thematisiert wurde – und zeigte sich tief beeindruckt: «Wenn man die Bilder im TV sieht, hat man keine echte Vorstellung, was der Krieg wirklich bedeutet. Die Erzählungen der ukrainischen Kolleginnen sind tief berührend und rütteln auf.»
Oksana Brovko, CEO der Vereinigung von unabhängigen Medienschaffenden in der Ukraine (Airppu), erzählt von ganz elementaren Problemen: «Mit dem Kriegsbeginn fehlte plötzlich das Papier, das zuvor aus Russland geliefert worden war».
Fakt sei auch: Die Redaktionen sind geschrumpft, und die Verbliebenen kämpfen ums Überleben. Immer mehr Frauen besetzen mittlerweile Führungspositionen der Medienhäuser und suchen nach innovativen Lösungen, die Bevölkerung trotz knappen Ressourcen zu informieren.
In einigen Regionen erschienen Printausgaben wieder, aber viel habe sich auf Onlineportale verlagert; einige Redaktionen experimentieren sogar mit künstlicher Intelligenz. Die Überprüfung der Fakten sei ihnen jedoch nach wie vor ein wichtiges Anliegen. Information sei für die kriegsgeplagte Bevölkerung essenziell.
Yuliya Kotlyar aus Odessa erzählt auch von der direkten Hilfe durch den Journalismus: «Mit unserer Zeitung halfen wir, Spenden für den Einbau von Liften im Spital zu sammeln.»
Während ihres Besuchs in der Schweiz wollen die ukrainischen Medienschafften Verständnis wecken und Einblicke erhalten, um ihre eigenen Portale und Redaktionen in der Heimat zu stärken – trotz der schrecklichen Umstände und der ständigen Bedrohung durch den Krieg.
Und dem Schweizer Zuhörer wird schonungslos in Erinnerung gerufen: Nie ist seriöser und unabhängiger Journalismus so wichtig wie in Krisen- und Kriegszeiten.