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Mittwoch
26.03.2014

TV / Radio

UBI-Präsident Roger Blum

UBI-Präsident Roger Blum

Roger Blum, der Präsident der Unabhängigen Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen (UBI), nimmt im Jahresbericht 2013 ausführlich Stellung zur Kritik am Beschwerdegremium. Der Titel seines Editorials heisst denn auch «Kritik aus Bern, Kritik aus Lausanne».

Aus Bern erhielt der UBI-Präsident im vergangenen Jahr Gegenwind von der SVP. Er erklärte sich wegen eines Tweets im Fall Christoph Mörgeli für befangen, die SVP forderte sogar seine Absetzung. Das Bundesgericht in Lausanne wiederum hob zwei Urteile der Beschwerdeinstanz auf.

«Frauen debattierten auf Twitter und auf Facebook. Medien orchestrierten prominente Fälle. Parlamentarier forderten den Rücktritt des Präsidenten», umschreibt Blum die öffentliche Resonanz, die die UBI im letzten Jahr ausgelöst hat. Und er konstatiert: «Es gab Lob und Tadel. Das ist gut so.»

Wichtig erscheint ihm, dass «öffentlich darüber gestritten wird, wie weit Radio und Fernsehen journalistisch gehen dürfen, wann gewisse Grenzen überschritten sind». Die UBI hält er in dieser Diskussion nicht für eine «heilige Kuh». Auch deren Entscheide sollen «durchaus diskutiert, kommentiert, angefochten werden, nicht nur durch Verfahrensbeteiligte», schreibt Blum.

Allerdings sind ihm nicht alle Diskussionen gleich willkommen. «Die Kritik aus Lausanne nimmt die UBI immer ernst. Die Kritik aus Bern kümmert sie nicht immer gleichermassen», heisst es. Diese habe primär eine politische Basis, die Kritik aus Lausanne sei dagegen institutionell vorgesehen.

Dabei spielt er auf die Affäre um die Doktorarbeiten an, die SVP-Politiker Christoph Mörgeli gemäss der SRF-Sendung «Rundschau» mangelhaft betreut haben soll. Roger Blum äusserte sich auf Twitter zu diesem Fall, bevor die UBI eingeschaltet wurde. Als schliesslich die Beschwerde bei der UBI einging, erklärte er sich für befangen. SVP-Nationalrat Toni Brunner reichte daraufhin eine Interpellation mit dem Titel «Den untragbaren Präsidenten der UBI absetzen» ein.

Im Editorial verteidigte Blum nochmals sich und die Vorgehensweise der Beschwerdeinstanz. «Die UBI ist eine von Parlament, Regierung und Verwaltung unabhängige Behörde; niemand in Bern kann ihr dreinreden, wie sie in der Sache jeweils zu entscheiden hat», so Blum. «Darum war der parlamentarische Vorstoss der SVP-Fraktion zwar politisch verständlich, aber inhaltlich unnötig.»

«Man muss klar unterscheiden», konkretisierte Blum gegenüber dem Klein Report. «Das eidgenössische Parlament legt im Radio- und Fernsehgesetz die Zuständigkeiten der UBI fest. Der Bundesrat wählt ihre Mitglieder. Das Departement von Bundesrätin Leuthard betreut die UBI administrativ. Hier also gibt es politische, finanzielle und administrative Einwirkungsmöglichkeiten.»

Im Beschwerdeverfahren, in der Entscheidfindung und in der Entscheidbegründung, sei die UBI dagegen absolut unabhängig. «Da kann ihr niemand dreinreden, auch nicht in der Frage, wann jemand in den Ausstand tritt», sagte Blum. «Das geht nur die UBI selber und das Bundesgericht etwas an.»

Im Jahresbericht betonte Blum zudem, dass die UBI-Mitglieder nur nebenamtlich für die Beschwerdestelle tätig seien. «Sie sind Anwälte, Journalistinnen, Medienausbildner, Professoren, Datenschutzbeauftragte, Richterinnen. Sie sagen in ihrer Haupttätigkeit ihre Meinung zu vielen Themen, auch zu solchen, die früher oder später Thema vor der UBI sein können. Sie sind keine politischen Eunuchen. Sie können nicht wegen ihrer UBI-Tätigkeit zu allem und jedem schweigen.»

Nicht ganz so klare Worte fand Blum für das Bundesgericht, das zwei UBI-Entscheide umstiess. «Die UBI-Mitglieder nehmen natürlich vor allem jene Bundesgerichtsentscheide lernend oder stirnrunzelnd zur Kenntnis, in denen ihre Beschlüsse korrigiert wurden. (...) Die Kritik aus Lausanne löst bei der UBI immer etwas aus, manchmal Anpassung, manchmal Widerborstigkeit.»

Auf die Frage des Klein Reports, wie sich denn diese Widerborstigkeit zeige, wurde Blum konkreter. «Wenn das Bundesgericht die UBI ins Unrecht versetzt, dann kann uns das unmittelbar einleuchten, weil das Bundesgericht schlagende rechtliche Argumente dafür liefert», sagte er. «Dann wendet die UBI beim nächsten ähnlichen Fall die revidierte Rechtssprechung an.»

«Die Argumente des Bundesgerichts können uns aber auch abwegig erscheinen», so Blum. «Dann können wir versuchen, beim nächsten ähnlichen Fall an unserem Kurs festzuhalten, um zu testen, ob das Bundesgericht im Fall eines Weiterzugs an seiner Linie festhält oder wieder auf unsere einschwenkt. Die Rechtsprechung bewegt sich ja immer in Ermessensspielräumen. Und da gibt es ein ständiges Austesten, wie weit man gehen kann.»