Unter dem Titel «Freischaffend in der digitalisierten Welt» veranstaltete Syndicom am vergangenen Freitag eine Tagung. Für den Klein Report war die Kolumnistin Regula Stämpfli mit dabei, unter anderem auch als Referentin zum Thema «10 Ängste und 10 Lösungen in der neuen Digiwelt».
Die theoretischen und politischen Diskussionen bezüglich Digitalisierung stecken in der Schweiz noch in den Kinderschuhen. Dies könnte nicht zuletzt auf mangelnde Vernetzung, Solidarisierung und offenen Austausch unter den Experten und Expertinnen zurückzuführen sein. Jeder und jede versucht, einen eigenen Markt zu bedienen, und so geht viel Know-how verloren, das einen fruchtbaren Austausch gegen die unbeweglichen Riesen im Medien- und Politgeschäft möglich macht.
Die Gewerkschaft Medien und Kommunikation wollte dieses Manko beheben und scheiterte am sehr schweizerischen Mechanismus, dass nur dann, wenn die etablierten Medien in Zürich sich dem Thema Digitalisierung annehmen, auch Publikum kommt. So vererbt sich die klassische Medienmacht und steht den Chancen der neuen sozialen Medien im Wege.
Die Tagung zeigte Folgendes: Etablierte Medien, Parteien, Gewerkschaften et cetera sind für Neuvorschläge punkto garantiertes Grundeinkommen, Assoziationen, die sich zwischen Unternehmen und Gewerkschaften positionieren wollen, noch viel zu wenig offen. Dies führt dazu, dass viele Freischaffende die Chancen des Internets nicht nutzen können, schon gar nicht ökonomisch.
Anders als in den USA leben in der Schweiz noch kaum Autoren und Autorinnen von ihrer Arbeit im Netz. Deshalb muss die Umverteilung der existierenden Millionen in den etablierten Medien versus der Nicht-Finanzierung der Netzinformation unbedingt diskutiert werden. Als Expertin für digitale Verfassungswirklichkeit habe ich deshalb die digitale Datentransfersteuer vorgestellt, die die Plattformen auch steuerlich in die real existierende Welt einbinden würde.
Grégoire Leclercq stellte als Präsident der Fédération des auto-entrepreneur in Frankreich das enorm spannende Modell der kleineren und mittleren Unternehmen vor, die sich gewerkschaftlich zusammenschliessen, um den neuen Interessen der Medienwirtschaft gerecht zu werden. Gundula Lasch, die Vorsitzende der Bundeskommission Selbständige bei der deutschen Gewerkschaft Verdi zeigte auf, wie der Spagat zwischen neuen sozialen Medien und den unterschiedlichen Forderungen der Freischaffenden mit den Gewerkschaften zu leisten sei.
Die Tagung in Bern war klein, fein und nachhaltig, mit dem einzigen Nachteil: Sie fand nicht in Zürich statt und wurde nicht von den klassischen Medien und deren altbekannten Vertretern beworben. Deshalb wird der digitale Diskurs in der Schweiz nicht wirklich weiterkommen, obwohl es geniale Vorschläge gibt. Aber solange die etablierten Medienunternehmen so tun können, als passiere nichts, und daran gut verdienen, müssen sich die Netzcracks im Ausland nach Vernetzung umschauen oder sich bei der Gruppe Freischaffende der Syndicom anmelden und mitmachen.