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Dienstag
09.04.2013

Vermarktung

Zwischen grillierten Jakobsmuscheln (n-tv und Super-RTL), einer Tomaten-Kokos-Suppe mit Mozzarella-Spiessli (RTL Nitro und vox) und Rindsfilet mit Kartoffel-Lauch-Gratin oder einem feinen Spargelrisotto mit Parmesan (RTL II und RTL) präsentierte sich die deutsche RTL-Gruppe am Donnerstagabend im besten Lichte vor einer illustren Gästeschar im angesagten Zürcher Club Aura.

Viele TV-Kunden und Mediaagenturvertreter feierten das 20-jährige Bestehen des Schweizer Werbefensters von RTL. Und alle auffällig gut gekleidet, so wie es der Dresscode «Cocktail» vorgab. Für Männer hiess das: festlicher dunkler Anzug. Für die Damenwelt: Cocktailkleid oder eine elegante Kostümkombination. Und man muss sagen: Geht doch!

In lockerer, gut gelaunter Cocktail-Atmosphäre begrüssten Klaus Kappeler, CEO der Goldbach Group Schweiz, und Anke Schäferkordt, CEO der Mediengruppe RTL Deutschland, die prominenten Gäste. Sozusagen unter einem animierten Sternenhimmel von Zürich, der 360 Grad märchenhaft über den Köpfen der Gäste an den hohen Saal projiziert worden war, lauschte man den Anekdoten, wie alles 1993 gegen viel Widerstand im Schweizer Werbemarkt begonnen hat.

Als der ehemalige Bundesrat Adolf Ogi nach Bonn geweibelt sei, um Schlimmes für die SRG zu verhindern, genauer, ihren bevorstehenden Untergang... Und wie der selbige Politiker nach erfolgloser Lobbyarbeit kurzerhand in seiner Funktion als Postminister wiederum die bereits gebuchte Postkampagne bei RTL Schweiz stoppen liess.

Kappeler erwähnte an diesem Abend - nebst Mitinitiator des Vermarktungsunternehmens Beat Curti - speziell einen Mitarbeiter, «ohne den die Schweizer Werbefenster nicht wären, was sie heute sind!» Vor zwölf Jahren habe er Michi Frank von einem Zürcher Lokalsender abgeworben, so Kappeler anerkennend. Aber auch Klaus Kappeler selber wäre heute ohne «Michi» wahrscheinlich nicht da, wo er ist.

«1993, da hatte ich bei RTL noch nichts zu sagen», flachste Anke Schäferkordt danach auf der Bühne. «Aber 1993 da war RTL in Deutschland erstmals Marktleader», so die charmante TV-Managerin. Hans Meiser moderierte damals die nach ihm benannte Nachmittags-Talkshow «Hans Meiser», die zu Spitzenzeiten 40 Prozent Marktanteile erreichte. 1993 startete die Talkshow-Pionierin Ilona Christen bei RTL mit der ebenfalls nach der Moderatorin benannten Sendung.

«Und woran haben sich die Frauen und woran die Männer erinnert, als ich sie nach dem TV-Jahr 1993 gefragt habe?», fragte Schäferkordt, sich an die Gäste wendend. «Die Frauen an Colombo, die Männer an...: `Tutti Frutti`!». Ein Lacher auf sicher. Denn die deutsche Version der italienischen Erotikshow «Colpo Grosso», die am Sonntagabend auf RTL plus zur vorgerückten Stunde ausgestrahlt wurde, erregte im wahrsten Sinne des Wortes nicht nur die Gemüter.

Während in halb Europa die leichtbekleideten «Früchtchen» heftig beschimpft, diskutiert oder verehrt wurden, gab es in Deutschland zwar Polemik zur ersten Erotikshow im deutschen Fernsehen, aber heftiger wurde von halboffizieller Seite das Auswahlverfahren innerhalb der Sendung bemängelt. Deutsche Beamtengründlichkeit lässt sich auch von nackten Tatsachen nicht abschrecken. Wieder ein Lacher auf sicher.

«1993, da war ich in Australien», sagte Mediafachmann Julien Witt. «Den Privatsender RTL kannte ich aber sehr wohl. Wieso? Anke Schäferkordt hat es treffend erläutert - Stichwort: `Tutti Frutti`». Rolf Suter von der Mediakanzlei wiederum hatte seinen ersten Kontakt mit dem Schweizer RTL-Werbefenster über einen Vortrag von Daniel Andres beim Zürcher Werbeclub 1993. «In seiner gewohnt leicht zweideutigen süffisanten Art hat er uns vor allem versucht, davon zu überzeugen, dass RTL nicht nur auf `Tutti Frutti` zu reduzieren sei, sondern dass hier etwas Grosses entstehen würde und dass RTL mittelfristig zu einem ernsthaften Konkurrenten des Schweizer Fernsehens heranwachsen würde», erzählt der Mediamann. «Doch wie so oft in der Geschichte wurde auch diese Innovation von den alten Hasen eher belächelt. Auf alle Fälle hatte Daniel Andres die Zukunft richtig eingeschätzt und heute lächelt vor allem Klaus Kappeler.»

Bei RTL-Kunde Cuno Singer sah die Sache 1993 ganz anders aus: «Ich war dazumal Student in Bern in einem 12-m2-Zimmer und einem Okkasion-Röhrenfernseher ohne Fernbedienung. Der Fernseher hatte immer wieder Bildstörungen. Anfangs genügte es, auf den Fernseher zu hauen, um diese Bildstörung zu beheben. Mit zunehmenden Jahren wurden diese Bildstörungen immer häufiger und gegen Ende musste ich alle paar Minuten den ganzen Fernseher aus ein paar Zentimetern auf den Boden krachen lassen, um wieder ein störungsfreies Bild zu haben. Ich konnte es also nicht wirklich geniessen, dass RTL ein Schweizer Werbefenster lanciert hatte, ehrlich gesagt, habe ich es gar nicht mitbekommen», schmunzelt der Geschäftsführer von Dyson SA.

Seine Kontakte in die TV-Welt beschreibt Singer so: «Die Repräsentanten der Goldbach-Konkurrenz waren immer sehr professionell, aber auch zurückhaltend», so Singer. «Ganz anders war es, wenn Andrea Jordi von Goldbach zu uns in Büro geflogen kam, jeder hat mitgekriegt, dass Goldbach hier ist. So habe ich Goldbach immer erlebt, auch professionell, aber immer eine Spur frecher, forscher und frischer als die Konkurrenz.»

Während des Viergangdinners führte Alexander Duphorn, CEO Goldbach Media (Switzerland) AG, durch den Abend. Die jeweiligen Sendeleiter sprachen ein paar Minuten über die kommenden Highlights der Programme. Neu in der Roadshow waren die Geschäftsführer der jüngeren Spartensender n-tv und RTL Nitro. Für Rolf Suter zeigte der Anlass einmal mehr, dass TV grosses Kino ist und die RTL-Gruppe «mit grossen Schritten in eine Zukunft mit immer mehr Spartensendern marschiert, die nun auch mit Werbefenstern belegt werden», so der Inhaber der Mediakanzlei.

Alexander Duphorn war 1993 auch schon dabei, im RTL-Marketingteam der IP Deutschland. «Ich finde es besonders schön, zu sehen, dass viele der Protagonisten, die bereits 1994 das zehnjährige Jubiläum von RTL in Deutschland feierten - wenn auch in anderen Funktionen -, bei unserem Anlass dabei waren. Überhaupt waren alle dabei und damit meine ich im Besonderen unsere Marktpartner in der Schweiz, denn bei denen haben wir uns ja für die letzten 20 Jahre in der Schweiz bedankt», so Duphorn.

Dann wurde zur Aftershow-Party mit DJ Erick Decks geladen, wobei die Gästeschar vor der Umstellung des Festsaals im Foyer sich beim Dessert an Panna Cotta, Tiramisu, Brownies, Limetten-Tarteletten oder Sorbets gütlich tat. Nebst dem totalen TV-Quoten-Desaster von Mediapulse bei der Erhebung der Schweizer Fernsehdaten, das seit Anfang Jahr volle drei Monate andauerte, schmunzelte der eine oder andere Deutsche. «Also, wir hatten in Deutschland, soweit ich mich erinnern kann, einmal einen einzigen Tag keine Daten», meinte einer gegenüber dem Klein Report.

Julien Witt von der JBW Media AG war begeistert über die Superlocation und das «hervorragende Essen mit all den vielen spannenden und interessanten Gästen». Schade war für ihn, dass der Surprise Act, «ein musikalischer Hochgenuss vom Feinsten», wie er dem Klein Report sagte, nicht schon vor dem Umbau des Saals angekündigt worden ist. Der Live Act mit der Pop- und Jazzsängerin Caro Emerald hat die Leute vollends begeistert.