Weil er eine Solidaritätsaktion für die prokurdische Zeitung «Özgür Gündem» unterstützt hat, wird der Journalist Erol Önderoglu sich am Mittwoch vor einem Gericht in Istanbul verteidigen müssen. Vorwurf: «Propaganda für eine terroristische Organisation».
Zusammen mit Önderoglu auf der Anklagebank sitzen die Vorsitzende der Türkischen Menschenrechtsstiftung, Sebnem Korur Fincanci, der «Cumhuriyet»-Kolumnist Ahmet Nesin und «Özgür Gündem»-Chefredakteur Inan Kizilkaya. Ihnen drohen mehrjährige Haftstrafen.
Im Juni waren Önderoglu, Fincanci und Nesin verhaftet worden. Nach Protestnoten, unter anderem vom damaligen UN-Generalsekretär Ban Ki Moon, waren sie nach zehn Tagen unter Auflagen freigelassen worden.
Ihr Vergehen: Sie hatten zusammen mit weiteren Journalisten und Prominenten jeweils symbolisch für einen Tag den Posten des Chefredaktors von «Özgür Gündem» übernommen, um ihre Solidarität mit der Zeitung zu demonstrieren.
Die kurdische Zeitung stand unter wachsendem Druck der Behörden. Ende Oktober wurde das Blatt per Regierungsdekret geschlossen. Chefredakteur Kizilkaya ist seit August in Haft.
Reporter ohne Grenzen, für die Önderoglu als Korrespondent berichtet, forderte am Dienstag die türkische Justiz auf, die Anschuldigungen fallen zu lassen. «Die Massenverhaftungen von Journalisten und Schliessungen von Medien in der Türkei während des Ausnahmezustands zeigen, wie wichtig die Arbeit von Erol Önderoglu und seinen Mitangeklagten ist.»