Fragen Sie Männer nach ihrer Lieblingssendung, dann steht «Top Gear» ganz weit oben. Die Begeisterung für die beliebteste Autosendung der Welt hängt vor allem mit dem ehemaligen Moderator Jeremy Clarkson zusammen, den die BBC letztes Jahr wegen Rassimus, Sexismus und allgemeiner Flegelhaftigkeit entlassen hatte.
Der schnoddrig-nonchalante Clarkson hatte einem Produzenten die Lippe blutig geschlagen, weil ihm nach den Dreharbeiten kein Steak serviert worden war. Die BBC sah sich - trotz der von mehr als einer Million Fans unterzeichneten Petition zugunsten Clarksons - gezwungen, ihn zu entlassen. Clarksons eigenwilliger Moderationsstil war Kult. Und auch äusserst erfolgreich: Denn die BBC nahm nur mit dem Verkauf der internationalen Rechte etwa 50 Millionen Euro jährlich ein. Durchschnittlich 350 Millionen Menschen weltweit schalteten ein, wenn Clarkson und seine «Teammates» James May und Richard Hammond mit Helikoptern um die Wette flogen oder Kabinenroller umkippten.
Doch zurück zu «Top Gear» und der neuen Besetzung. Der Schauspieler Matt LeBlanc («Friends») und der britische DJ Chris Evans haben das schwere Erbe angetreten. Ihnen war klar, dass sie ihr eigenes Format entwickeln mussten und nicht einfach nur die Clarkson-Ära nachäffen konnten. «Ich war ein Fan der alten Show und fand die Dynamik zwischen diesen drei Typen sehr interessant. Ich werde mir auch ganz sicher ihre neue Show ansehen», sagt Matt LeBlanc gegenüber den Medien. «Aber wir machen nicht den Fehler, zu versuchen, sie zu kopieren.» Das beliebte Segment «Star in einem preiswerten Auto», das LeBlanc einst gewann, wird zum Beispiel durch eines ersetzt, in dem Prominente im Rallye-Auto einen Cross-Country-Parcours meistern müssen.
Die erste Folge der neuen «Top Gear»-Staffel zeigte recht schnell, dass die Skepsis übertrieben war. In Wahrheit macht die Sendung vieles genauso oder zumindest sehr ähnlich wie zuvor. Die Titelmelodie ist bekannt, auch das Logo der Sendung hat sich ins Jahr eins nach Clarkson/May/Hammond gerettet. Ebenso das Studio. Selbst der Teaser, der die Themen der Sendung zusammenfasst, entstand nach der gleichen Machart wie früher.
Alles ist so gewohnt, dass man tatsächlich kurz überrascht ist, eben nicht Clarkson die Begrüssungsworte sprechen zu hören, sondern den blonden Brillenträger Evans. Der kann seine Nervosität kaum verbergen, und es ist ihm anzumerken, dass er zum Zeitpunkt der Aufzeichnung wusste oder zumindest ahnte, wie viele Menschen diesen Moment kritisch beäugen würden und wie viel für die öffentlich-rechtliche Sendeanstalt BBC davon abhängen würde. Der kurz danach auftretende LeBlanc hatte es einfacher: Von ihm erwartete die Welt einen holprigen Auftritt - und sie bekam ihn auch.
Wie man hört, soll es hinter den Kulissen mitunter ziemlich heftig gekracht haben, und Evans soll die Zuschauer verbal angegriffen haben. Das neue Moderatoren-Paar knüpft also nahtlos an die verbalen Entgleisungen ihres Vorgängers an. «Top Gear» is back.