Seit bald zwei Jahren gehört die «TierWelt» der Schweizer Agrarmedien AG.
Der Klein Report sprach mit der Verlagsleiterin Barbara König über liebgewonnene Lesergewohnheiten, anspruchsvollere Stellenprofile und über die Metamorphose von der ehemaligen Verbandszeitschrift zur eigenständigen Publikumszeitschrift.
Mit der publizistischen Öffnung von einer Verbandszeitschrift für Kleintierzüchter zu einem Tier- und Naturmagazin sind die Themen der «TierWelt» vielfältiger geworden. Was hat diese Umstellung für die Redaktion organisatorisch und personell bedeutet?
Barbara König: «Vor dem Verkauf der ‚TierWelt‘ war ein grosser Teil der redaktionellen Inhalte auf die Bedürfnisse der Verbandsmitglieder (Züchter und Halter von Kleintieren wie zum Beispiel Kaninchen, Geflügel oder Vögel) ausgerichtet. Viele Beiträge wurden auch direkt von den Mitgliedern eingereicht und wurden allenfalls durch die Redaktion noch redigiert. Die Redaktionsplanung war stark durch die Verbandsaktivitäten und die zum Teil unverlangt eingereichten Beiträge geprägt. Dadurch, dass der Verband Kleintiere Schweiz entschieden hat, weiterhin eine eigene Verbandszeitschrift herauszugeben, brachen für die ‚TierWelt‘ diese redaktionellen Inhalte weg.»
Was hat sich mit der Übernahme des Titels durch die Schweizer Agrarmedien konkret verändert?
König: «Wir haben die ‚TierWelt‘ neu positioniert und inhaltlich breiter und auch qualitativ hochwertiger aufgestellt. Für die Redaktion bedeutete dies, dass bedeutend mehr eigene Inhalte produziert werden mussten. Mit der inhaltlichen Neuausrichtung ging auch eine komplette Überarbeitung des Layouts einher. Ziel war es, die Leserführung zu verbessern, mehr Lesespass zu bereiten und das Format grundsätzlich moderner und lockerer zu gestalten.»
Was bedeutete die Neuausrichtung fürs Tagesgeschäft in der Redaktion?
Barbara König: «Die neuen Gestaltungsmöglichkeiten bedeuteten für die Redaktion, dass sie sich nicht nur über Inhalte, sondern auch über Darstellungsformen Gedanken machen muss. Wissen und Informationen sind heute leicht zugänglich, aber nur jenes Wissen ist bedeutsam, das etwas mit uns macht, das uns weiterbringt. Dafür muss man länger suchen, tiefer recherchieren, opulent bebildern und abschliessend unterhaltsam aufschreiben. Unserem neunköpfigen Redaktionsteam, das aus Fachjournalisten wie Wildtierbiologen, Tiertherapeuten sowie Vogel-, Amphibien- oder Pferdeexperten besteht, gelingt der perfekte Spagat zwischen aussagekräftigen Fotos, gut recherchierten Texten und spannenden Reportagen.»
Wurden im Zuge der publizistischen Öffnung neue Stellen geschaffen?
König: «Es wurden keine neuen Stellen im Sinne von Aufstockung geschaffen. Aber die Anforderungsprofile haben sich gewandelt und sind anspruchsvoller geworden.»
Wird eine solche inhaltliche Mehrleistung vom Zielpublikum honoriert?
Barbara König: «Wir haben sehr viele positiven Rückmeldungen erhalten. Im Grunde genommen ist die ‚TierWelt‘ heute ein neues Produkt geworden. Natürlich gab es einige negative Rückmeldungen von Lesern, die plötzlich ihre liebgewordenen Gewohnheiten in Gefahr sahen. Aber im Grossen und Ganzen überwiegt das positive Feedback, das uns in unserem Vorhaben bestärkt.»
Für welches Zielpublikum schreibt die «TierWelt» heute?
König: «Die ‚TierWelt‘ richtet sich heute nicht mehr an die Kleintierzüchter, sondern an Personen und insbesondere auch an Familien, die sich für die Zusammenhänge in der Natur interessieren. Insbesondere auch an Personen, die selbst ein Haustier halten, die sich gerne draussen bewegen, selber einen Garten haben oder sich aktiv für die Natur- und Tierwelt einsetzen.»
Zusammen mit Mission B hat die «TierWelt» den Biodiversitäts-Preis «Goldener Schmetterling» lanciert. Welchen Effekt für das weitere Wachstum der Zeitschrift erwarten Sie vom Award?
Barbara König: «Die Lancierung des ‚TierWelt‘-Preises für Biodiversität ist nicht primär ein Mittel, um Wachstum zu generieren. Es ist vielmehr ein Mittel, um die Positionierung der ‚TierWelt‘ als umfassendes Tier- und Naturmagazin zu unterstützen. Wir wollen zeigen, dass die ‚TierWelt‘ nicht mehr das in vielen Köpfen verankerte ‚Kleininserate-Blatt‘ ist. Das neue Magazin legt inhaltlich einen starken Fokus auf Nachhaltigkeit und den Schutz unserer Natur.»
Wie sind die «TierWelt» und die Plattform Mission B miteinander verbunden – politisch, wirtschaftlich, inhaltlich?
König: «Es gibt weder eine politische noch wirtschaftliche Verbindung zu Mission B. Der ‚TierWelt‘-Preis für Biodiversität ist unser Preis. Die Zusammenarbeit umfasst lediglich diesen Preis.»
Auf den 1. Juli 2021 haben die Schweizer Agrarmedien die «TierWelt» übernommen. Welches Fazit ziehen Sie nach bald zwei Jahren?
Barbara König: «Der Wechsel von einer Verbandszeitschrift hin zu einer Publikumszeitschrift ist nicht einfach und erfordert viel Energie und harte Arbeit. Wir sind noch nicht am Ziel, aber vonseiten der Redaktion in einer sehr guten Ausgangsposition dafür, dass sich die ‚TierWelt‘ am Zeitschriftenmarkt als hochwertiges Tier- und Naturmagazin für die ganze Familie positionieren kann. Spannend ist, dass die ‚TierWelt‘ gemäss MACH Basic 2023-1 ihre Leserzahl halten konnte. Das freut uns sehr.»
Ihr Verlag gibt unter anderem die wöchentlich erscheinende «BauernZeitung» und das Monatsmagazin «die grüne» heraus. Arbeiten die Redaktionen zusammen und wenn ja, wie schaut diese inhaltliche Kooperation im Einzelnen aus?
König: «Zwischen der ‚TierWelt‘ und unseren landwirtschaftlichen Fachmedien gibt es keine redaktionelle Zusammenarbeit. Wir trennen das strikt, da alle Publikationen in ihrer redaktionellen Ausrichtung frei sein sollen. Synergien werden nur im Verlagsbereich genutzt.»
Wo sehen Sie die «TierWelt» in fünf Jahren?
Barbara König: «Fünf Jahre sind eine lange Zeit. In dieser Zeit wird noch viel passieren. Gerade Printprodukte müssen sich weiterentwickeln und neue Wege finden, um neue Leser anzusprechen. Ich wünsche uns und der ‚TierWelt‘, dass das gelingen mag. Ich denke, dass in einer zunehmend beschleunigten Welt Leser Magazine mit Mehrwert suchen. Magazine, die ein paar Mussestunden schenken sowie dazu animieren, das Gelesene draussen selbst zu erleben. Das Interesse an allen Vorgängen in der Natur ist riesengross und an dieses Bedürfnis knüpft die neu gestaltete ‚TierWelt‘ an. Wir sehen daher recht positiv in die Zukunft und das gesamte Team ist hochmotiviert und freut sich auf die spannende Herausforderung.»