Peter Freiburghaus (Duo Fischbach) hat in die Tasten beziehungsweise in den Computer gegriffen und eine «komische Tragödie» ersonnen. Und so sind die Geschehnisse respektive Wortkaskaden in der «Villa Wahnsinn» nicht immer komisch, sondern eher pseudotragisch und vor allem nicht besonders wahnwitzig.
Der bewegte Mann Freiburghaus, ein bekennender Achtundsechziger, hat ziemlich viel in sein Stück «gemoschtet», das bis am 27. Februar im Theater am Hechtplatz gespielt wird.
Zum Stück: Die betuchten Eltern, Helen (56) Pfister-Morger und Walter Morger-Pfister (62), gespielt von Maja Stolle und Ueli Bichsel, streiten sich wie Hahn und Henne. Sie wollen sich trennen, um neu anzufangen. Erwachsene Kinder, zwischen 36 und 30 Jahre alt, balgen sich um das vermeintliche Erbgut, die Villa Morger. Claudia (Sabina Schneebeli) will in dem elterlichen Haus so etwas wie ein Domizil für jugendliche Straftäter einrichten. Sie hat den jugendlichen Zögling, Lover und Strippenleger Youssef al Bib (Patrick Balaraj Yogarajan) im Schlepptau. Bruder Martin (Adrian Furrer) plant eine Spezialklinik, um seinem Organhandel noch besser auf die Sprünge zu helfen. Nesthäckchen Anna (Mona Petri) schliesslich, etwas schräg, verspielt und überkandidelt, quasselt etwas von einer Filmakademie.
Nach einer etwas langwierigen Einführung der Akteure im ersten Teil des tragikomischen Treibens geht es im zweiten zur Sache: Jeder gegen jede und umgekehrt und alle gegen die Eltern. Man schmiedet Übernahme- und Mordpläne, integriert und fantasiert. Das Familientreffen läuft aus dem Ruder und mündet in einem wüsten Tohuwabohu. Die einen sind fluchtartig abgehauen, die anderen haben sich wieder lieb. Regisseur Jean Grädel hat etwas Mühe, die explodierende Handlung am Ende zu einem vernünftigen Finale zu führen. Die Schauspieler auch, wenngleich sie ihr Bestes geben. Allen voran Sabina Schneebeli, als grazile, sinnlich-raffinierte Drahtzieherin Claudia. Mona Petri agiert als weiblicher Kasperl und Adrian Furrer wirkte gegen Schluss wie ein begossener Pudel. Stolle und Bichsel als streitfreudiges Elternpaar parlieren solide und treten praktisch nur eine Halbzeit lang auf.
Es gab anerkennenden Beifall beim Premierenpublikum am Mittwoch, 2. Februar im Theater am Hechtplatz. Die Begeisterung hielt sich insgesamt aber in Grenzen. Die Bühnensatiriker Viktor Giacobbo und Patrick Frey mochten der Inszenierung keinen grossen Beifall zollen und stärkten sich genüsslich an den offerierten Gulasch- und Äpfelsuppen, die von Tamara Koch («Tamanger») zur Zufriedenheit aller angerichtet und nach der Aufführung ausgeteilt wurden. Diese Suppen schmeckten besser als die Bühnensuppe, die angerührt wurde, fand auch Klein-Report-Kritiker Rolf Breiner, Giacobbo/Frey sind weiter mit «Erfolg als Chance» auf Erfolgstournee, und Patrick Frey arbeitet am neuen Stück: «Super Theo». Es soll im Juni im Casino-Theater, Winterthur, aufgeführt werden.
Regisseur Rolf Lyssy, der vor zwanzig Jahren im Hechtplatz ein Stück inszenierte, in dem Sabina Schneebeli ihren ersten Hechtplatz-Auftritt hatte, fand keinen grossen Gefallen an der «Villa Wahnsinn». Das Stück sei zu langatmig am Anfang und gehe am Ende nicht auf, monierte Bühnenkünstler und Autor Frey. Kollege Fredi M. Murer meinte gegenüber dem Klein Report, das Ganze sei unausgereift und unfertig: «Daran ist noch zu arbeiten. Das Stück bröselt am Ende auseinander.»
Die Mitwirkenden Andrian Furrer und Sabina Schneebeli bekannten, dass die Umsetzung schwierig gewesen sei und man am Stück stark gearbeitet hätte. «Aber wir hatten Spass und haben es einfach gemacht», glättete Schneebeli die Wogen. Ehemann Bernhard Bettermann («So weit die Füsse tragen») und ihre beiden Söhne waren natürlich angetan von der agilen Schneebeli. Sie wird übrigens auch im ersten neuen Schweizer «Tatort» (Ausstrahlung im April) als Spurenexpertin zu sehen sein, und verriet, dass man ihr versprochen hätte, die Rolle in weiteren Folgen auszubauen.
Passend zum ganzen Lügengebäude «Villa Wahnsinn» passte letztlich auch, dass der Tamilen-Darsteller Patrick Balarai Yogarajan, in Sri Lanka geboren, in Münster/Westfalen aufgewachsen und studierend in Zürich, aussieht wie ein 18-Jähriger, einen 16-Jährigen spielt, aber in Wahrheit 30 Jahre alt ist, wie er dem Klein Report beichtete.