TBWA\ ist vom US-Fachmagazin «Adweek» zur Global Agency of the Year 2022 gewählt worden.
Der Klein Report sprach mit Matthias Kiess, CEO von TBWA\Zürich, über die «Grossen» und die «Kleinen» und die Arbeitsteilung zwischen ihnen im Agentur-Netzwerk, das sich neuerdings Collective nennt. Und über die Position der Zürcher Unit.
Welchen Stellenwert nimmt TBWA\Zürich innerhalb des Netzwerks ein – in Bezug auf Grösse, wirtschaftlich, kreativ?
Matthias Kiess: «De facto sind wir immer noch eine kleine Nummer. Doch innerhalb der ‚Kleinen‘ gehören wir zu den ‚Grossen‘ mit der entsprechenden Anerkennung. Solides Wachstum, starke Kreation und vernünftige Marge. Was will man mehr?»
Wie kann Zürich konkret vom globalen Netzwerk profitieren?
Kiess: «Mit unseren gut 80 Personen sind wir zum Beispiel in den Bereichen technologischer Innovation oder Trendforschung limitiert und können in unserem Collective (wir sprechen nicht mehr von einem Netzwerk) auf Kapazitäten und Kompetenzen zurückgreifen, die uns substanziell weiterhelfen. Ganz nach dem Ansatz: ‚The Power of many‘ schlägt ‚The power of one‘.»
Können Sie ein Beispiel nennen?
Matthias Kiess: «Nebst sogenannten Excellence Hubs haben wir zum Beispiel in Singapur einen Data Excellence Hub, welcher sogar Datenstrategen aus der Schweiz beschäftigt und uns hochstehende Antworten auf komplexe Datenfragen gibt.»
Wie funktioniert «Vernetzung»: Gibt es grenzübergreifende Workshops?
Kiess: «Wir haben zahlreiche, parallel verlaufende Kanäle. Das geht von Trainings und Weiterbildungen bis hin zu regelmässigen Strategie- und Kreationsmeetings. Letzten Oktober sind alle Führungskräfte während vier Tagen in Rom zusammengekommen, um sich über die Herausforderungen der Zukunft und unsere Antworten darauf auszutauschen. Mit Workplace haben wir zudem eine interne Plattform, welche schnellen und unkomplizierten Dialog zulässt.»
Gibt es auch einen Austausch für Mitarbeitende, zum Beispiel die Möglichkeit für einen Zürcher Designer, ein halbes Jahr in New York arbeiten?
Matthias Kiess: «Ja, solche Plattformen sind da, aber meines Erachtens noch nicht ausreichend vital. Vor allem kleinere Märkte stehen bei solchen Initiativen immer wieder etwas hinten an. Dennoch haben wir vor nicht allzu langer Zeit ein Krea-Team für mehrere Monate in Dubai bei TBWA\Raad in Dubai platziert, was natürlich eine tolle Erfahrung war. Wir haben inzwischen aus demselben Office einen Brasilianer übernommen, der aktuell im McDonald’s Team kreativ mitwirkt.»
In der Schweiz haben Sie massgeblich zum Erfolg der Agentur beigetragen. Ganz unbescheiden: Was ist aus Ihrer Sicht der Erfolg der Zürcher TBWA\?
Kiess: «Ich glaube, dass wir uns immer treu geblieben sind. Vielleicht muten wir nicht fortwährend gleich dynamisch an wie andere Player in der Schweiz, dafür springen wir nicht immer gleich auf jeden Hype auf, welcher der Markt zu bieten hat. So arbeiten wir häufig mit unserem Ansatz der Disruption, der sich in unserer Strategie und Kreation entfaltet. Kontinuität, Fokus auf gute, ehrliche Arbeit und erfolgsträchtige Innovation, partnerschaftliche Zusammenarbeit und eine gesunde, inspirierte Unternehmenskultur tragen wohl zum nachhaltigen Erfolg bei. Dabei stehen immer Menschen im Zentrum, Menschen die Talente haben, die Bedürfnisse haben, die sich mögen müssen und zusammenkommen sollen.»
Und wie sehen Sie Ihre Rolle dabei?
Matthias Kiess: «Ich stehe am Spielfeldrand und versuche, den Spielern und Spielerinnen auf dem Feld die bestmöglichen Voraussetzungen zu schaffen, dass sie alle gemeinsam erfolgreich sein können.»
Können Sie noch einen Ausblick ins 2023 wagen für TBWA\Zürich?
Kiess: «Alle Zeichen deuten aufgrund aktueller Umstände auf Sturm. Mit dem Spirit der Piraterie, der uns als Agentur prägt, sind wir uns eine unruhige See gewohnt. Dennoch begegne ich dem kommenden Jahr mit Respekt, aber auch Zuversicht. Respekt vor allem darum, da uns an allen Ecken und Enden gute Leute fehle. Zuversicht, da wir ein wunderbares Team und eine loyale Kundenbasis haben, die im kommenden Jahr mutmasslich noch durch einige namhafte Marken ergänzt werden wird.»