Die Bremsspuren im Werbemarkt und die digitalen Veränderungen bringen seit längerem auch die Agentur-Branche in Bedrängnis, es fallen Budgets weg. Wie meistert TBWA-CEO Matthias Kiess und sein Schweizer Team die Herausforderungen?
Der Klein Report hat sich in seiner grossen Umfrage zu 2024 und mit einem Blick ins neue Jahr mit Matthias Kiess darüber unterhalten.
Wie sieht die Lage in Ihrem Bereich konkret aus?
Matthias Kiess: «Die Lage sieht tendenziell eher etwas angespannt und auch unruhig aus. Nicht dramatisch, aber dennoch so, dass man weiss, dass nichts in diesem Jahr selbstverständlich sein wird. Die Kosten- und AI getriebene Restrukturierung wird weiter vorangehen und wer hier sich nicht agil zeigt, wird zusehends unter Druck kommen.»
Welche Entwicklung erwarten Sie im 2025?
Kiess: «Wie bereits angetönt, wird das 2025 schwer vorauszusagen sein. Schon im 2024 hatten wir den einen oder anderen Schlag hinnehmen müssen, und was im 2025 kommen wird, ist wohl genau so wenig absehbar. Die EURO und der ESC werden dem Werbemarkt sicherlich noch etwas Impulse verleihen, doch die Grosswetterlage ist immer noch sehr wolkenverhangen.»
Wie sind Sie persönlich ins neue Jahr gestartet?
Kiess: «Mit sehr viel (Ski-)Schwung bin ich mit vielen erfreulichen Erlebnissen ins neue Jahr gestartet. Die erste Woche in der Agentur hat dann bereits wieder viel Momentum mit sich gebracht, was aber wohl zur heutigen Zeit gehört. Nun stehen noch ein paar relevante Pitchentscheide an - wenn diese gut kommen, dann schauen wir auf ein hoffentlich anständiges 2025.»
Der Jahreswechsel ist immer eine gute Gelegenheit, das Bestehende zu überprüfen und sich neue Ziele zu stecken. Was möchten Sie im 2025 konkret erreichen?
Matthias Kiess: «Selbstverständlich wollen wir kreativ weiterhin zur Spitze gehören und entsprechend gute und erfolgreiche Kampagnen in den Markt einbringen. Ich würde mir zudem wünschen, dass wir damit auch dazu beitragen können, die Kreativität in der Werbung wieder zu stärken. Des weiteren werden wir die Transformation der Agentur weiter vorantreiben müssen, um schlagkräftig und kompetitiv zu bleiben.»
Gibt es auch Dinge, die Sie womöglich aufgeben wollen oder müssen, um Ressourcen freizumachen oder Platz für Neues zu schaffen?
Kiess: «Vieles ist fortwährend auf dem Prüfstand: Ist unser Angebot zeitgemäss und trifft es die Bedürfnisse der Kunden? Haben wir das richtige Talent? Wie gehen wir mit Technologie um? In welche Ressourcen investieren wir? Wo kaufen wir dazu? Wie entwickeln wir unser Ökosystem weiter? Und so weiter. Wir haben in den letzten Jahren unser Angebot entlang der Wertschöpfungskette auf- uns ausgebaut und dieses Jahr wird mit TBWA\360 auch Media und Kommunikationsplanung noch zusätzlich gewichtet werden. Parallel dazu muss natürlich das Geschäftsmodell hinsichtlich der Zukunftsfähigkeit gechallenged werden und die Frage nach der Disruption im eigenen Hause nachgegangen werden.»
2024 war für die Medien- und Werbebranche ein heftiges Jahr. Verschiedene Sparprogramme wurden umgesetzt. Die Verteilkämpfe werden zum Teil mit harten Bandagen ausgetragen. Wo sehen Sie in dem Wandel Chancen für Ihren Bereich?
Kiess: «Aktuell spürt man im Wandel noch nicht allzu viele Chancen. Es fühlt sich eher nach Schützengrabenstimmung an. Und genau dem müssen wir entgegentreten. Einerseits dürfen wir unsere Zielgruppen nicht aus den Augen verlieren und diese weiterhin relevant und adäquat ansprechen, andererseits wird sich die Beziehung zu unseren Kunden verändern und die Aufgabenteilung Verschiebungen erfahren. Ich glaube nach wie vor, dass wir mit strategisch fundierter Kreativität gepaart mit dem richtigen Daten-Knowhow kraftvolle Ideen entwickeln werden, die den Impact machen werden, die unsere Kunden suchen.»
Was wäre für Sie der Worst Case in der Branche im neuen Jahr?
Matthias Kiess: «Weitere globale Erschütterungen, die die Wirtschaft weiterhin unter Druck setzen und die auf der Auftraggeberseite aufgrund mieser Konsumentenstimmung zu weiteren Einsparungen führen würden. Und damit verbunden zuviel Fokus auf Performance-Marketing zulasten von Marke und Image. Das wäre wirklich schade und würde wohl viel Frust mit sich bringen.»