Content:

Freitag
19.03.2010

Nach drei Jahren als Chefredaktorin der «Thurgauer Zeitung» verlässt Ursula Fraefel den Journalismus in Richtung Wirtschaftslobbying. Diesen Wechsel vollzieht die Toggenburgerin jedoch nicht zum ersten Mal, hat die 53-Jährige doch bereits abwechselnd bei den renommierten PR-Unternehmen Farner PR und Burson-Marsteller sowie den Zeitungen «St. Galler Tagblatt» und NZZ gearbeitet. Bei der Economiesuisse wird sie nun als Kampagnen- und Kommunikationsverantwortliche Urs Rellstab ablösen, der wiederum zu Burson-Marsteller wechselt.

Der Klein Report hat sich am Donnerstag mit Fraefel über ihre Zeit bei der «Thurgauer Zeitung» unterhalten und sie zu ihren Beweggründen, für den Wirtschaftsdachverband Economiesuisse zu arbeiten, befragt.

Klein Report: Frau Fraefel, ist Ihnen bei der «Thurgauer Zeitung» die Welt zu klein geworden?
Ursula Fraefel: «Im Gegenteil! Ich habe die Redaktion in Frauenfeld geliebt. Auch die Zusammenarbeit mit dem neuen Verleger - und nun künftigen Chefredaktor - Peter Hartmeier funktionierte bestens. Natürlich gibt es einige Ideen, die ich nun bei der `Thurgauer Zeitung` nicht mehr umsetzen konnte. Peter Hartmeier wird die angestossenen Projekte aber sicherlich gut weiterführen.»

In dem Fall hat das Gehalt nicht mehr gestimmt?
Ursula Fraefel: «Es ist ein offenes Geheimnis, dass man im Journalismus nicht reich wird. Dennoch hatte ich als Chefredaktorin einen anständigen Lohn. Selbstverständlich war Geld auch ein Motivationsgrund, die Stelle bei Economiesuisse anzunehmen - allerdings nicht der ausschlaggebende.»

Was hat Sie denn schliesslich zum Wechsel hin zur Schaltzentrale der Wirtschaft bewogen?
Ursula Fraefel: «Mich reizt die Herausforderung, die Kommunikation der Schweizer Wirtschaft mitzugestalten. Dabei habe ich den Ehrgeiz, beispielsweise im Vorfeld von grossen Abstimmungen mit überzeugenden, kraftvollen und prägnanten Plakatkampagnen in Öffentlichkeit und Medienlandschaft etwas zu bewirken. Es ist bekanntlich nicht ganz einfach, auf der eher moderateren Seite gutes Politcampaigning zu machen.»

Dieser Wechsel ist natürlich auch ein politisches Statement.
Ursula Fraefel: «Für mich war es schon immer ein Grundanliegen, den bestehenden Wohlstand zu sichern. Auch dass das Geld immer erst verdient werden muss, bevor man es ausgeben kann, war für mich schon immer klar. Insofern passe ich gut zu Economiesuisse. Dass ich mit dem neuen Arbeitgeber etwas mehr Rücksicht bei meinem Urteil nehmen muss, ist klar.»

Im Gegensatz zur Medienbranche werden Sie als Frau bei der Economiesuisse auf einsamem Posten sein.
Ursula Fraefel: «Ja. Dabei erachte ich es gerade auch in der Wirtschaft als sehr wichtig, dass das weibliche Geschlecht mitentscheidet. Doch bei den Medien sieht es längst nicht überall besser aus. Dass es bei Tamedia weder im Verwaltungsrat noch in der Geschäftsleitung Frauen hat, finde ich nicht mehr ganz zeitgemäss.»