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Mittwoch
21.11.2001

«Der Verwaltungsrat der Tamedia AG hat beschlossen, die Zahlungen an den Sender TV3 per sofort einzustellen und plant, den Sender zu schliessen», schreibt die Tamedia in einer Mitteilung am Mittwochmorgen. Dies erfolge in Absprache mit der Partnerin SBS Broadcasting SA, die 50% an dem Privatsender hält. Seit dem 1. Januar finanziert aber der Konzern das Projekt allein, da SBS ihre Zahlungen sistiert hatte. Die Tamedia habe ihr Engagement an drei Bedingungen geknüpft: Punkt 1: Nach dem SBS-Rückzug einen neuen Partner zu finden, mit dem man TV3 finanziell als auch vom Fernseh-Know-how her, breit hätte abstützen können. Es wurde kein Partner gefunden. «Die international schwierige Lage und die besondere Situation der Schweiz, in der aufgrund gesetzlicher Vorschriften private, nationale Sender benachteiligt werden, verhinderten solche Lösungen», heisst es. Punkt 2: «Dieser Markt ist im Vergleich mit dem Ausland weit stärker reguliert, was den Aufbau einer eigenen Fersehindustrie dementsprechend blockiert. Das Verbot der Unterbrecherwerbung hat TV3 besonders benachteiligt: Die TV3-Programmleitung musste erfolgreiche Formate wie «Wer wird Millionär?» in zwei Sendungen aufteilen, was zu massiven Zuschauerverlusten führte.» Als dritten Grund des Scheiterns, nannte der Zürcher Medienkonzern, dessen Aktien bereits am Mittwochmorgen an der SWX auf eigenen Wunsch suspendiert wurden, die sich «rapide verschlechternde konjunkturelle Situation». Diese habe zu einem «erheblich geringeren Werbevolumen geführt». Zudem «fand die Verschiebung von der Print- zur Fernsehwerbung langsamer statt als prognostiziert», diagnostizierte der Konzern. Das Ziel, den Break-even im Jahr 2004 zu erreichen, sei deshalb nicht mehr realistisch gewesen. «Die geplante Gesamtinvestition von 180 Millionen Franken wäre deutlich überschritten worden.» Mit der Stillegung von TV3 ist der Abbau von 80 Stellen verbunden. «Der Verwaltungsrat bedauert den Entscheid, konnte aber auch gegenüber den Tamedia-Aktionären den finanziellen Alleingang der Tamedia nicht länger rechtfertigen», schreibt VR-Präsident Hans Heinrich Coninx in der Mitteilung. CEO Michel M. Favre meint: «Der Entscheid zur geplanten Einstellung von TV3 ist keine Absage an die Multimedia-Strategie. Vielmehr wird sich das Unternehmen darauf konzentrieren, Radio 24 und TeleZüri als im Millionen-Zürich etablierte Marken weiter auszubauen und zu stärken.» Und zum Schluss schreibt Tamedia: «Der definitive Entscheid über die Schliessung wird an der ausserordentlichen Generalversammlung von TV3 am 26. November gefällt.» Die Tamedia-Aktie eröffnete bei 108 Franken, nachdem der Titel einen Tag vorher bei 94 Franken stand. Am Mittwochabend schlossen die Tamedia-Namensaktien 21,3% oder 20 Franken höher auf 114 Franken. Mehr: Tamedia erreicht Gewinnziel nicht und Money und MoneyTalk auf Tele 24 werden eingestellt sowie Tamedia steht auf die Kostenbremse