In Afghanistan entsteht eine Medienlandschaft ohne Journalistinnen.
«Die vergangenen Tage zeigen erneut, dass die Behauptung der Taliban, die Pressefreiheit respektieren zu wollen und Journalistinnen weiterhin arbeiten zu lassen, nicht der Wahrheit entspricht», schreibt Reporter ohne Grenzen (RSF) am Mittwoch.
Wie eine Untersuchung von RSF und der Partnerorganisation vor Ort, dem Zentrum für den Schutz afghanischer Journalistinnen (CPAWJ), zeigt, sind von den 510 Frauen, die früher für die acht grössten Medienunternehmen gearbeitet haben, heute nur noch 76 tätig. 39 von ihnen arbeiten journalistisch.
Ähnlich sieht es in den Provinzen aus. Zwar schafft es eine Handvoll dieser Journalistinnen immer noch, mehr oder weniger von zu Hause aus zu arbeiten. Das entspricht aber nur einem Bruchteil der mehr als 1700 Frauen, die 2020 gemäss der Erhebung von RSF und CPAWJ in den Provinzen Kabul, Herat und Balkh für Medienunternehmen tätig waren.
Rund zwei Tage nachdem die Taliban die Kontrolle über die Hauptstadt übernommen hatten, wagten es Reporterinnen privater Fernsehsender wie Tolonews, Ariana News oder Kabul News wieder auf Sendung zu gehen und von den Strassen zu berichten.
Mehrere Journalistinnen schilderten zum Beispiel, wie Taliban-Wachen, die vor dem Mediengebäude stationiert waren, sie daran hinderten, nach draussen zu gehen und zu berichten.
Und eine Reporterin eines Radiosenders in der südöstlichen Provinz Ghazni berichtete laut RSF, dass die Taliban, zwei Tage nachdem sie die Kontrolle über die Provinz übernommen hatten, den Sender besuchten und warnten: «Ihr seid ein privater Radiosender. Ihr könnt weitermachen, aber ohne Frauenstimmen und ohne Musik.»