Die DRS-1-Diskussionssendung feiert am Freitag ihr zehnjähriges Bestehen. Die allererste Sendung ging am 2. April 2001 über den Äther. An jenem Tag gab der damals neue Swissair-Chef Mario Corti Auskunft über den Millionenverlust der SAir Group. Mehr als 2000 Gespräche sind seither jeweils Montags bis Freitag von 13.00 bis 13.30 gesendet worden - die überwiegende Mehrheit live, einige Gespräche aus Termingründen zeitverschoben.
Die Sendung hat sich im Laufe der Jahre als Publikumsmagnet erwiesen, 502 000 Personen hören das Tagesgespräch im zweiten Halbjahr 2010 täglich, der Marktanteil beträgt 38 Prozent. Zum Vergleich: Bei der nahezu zeitgleich ausgestrahlten Mittags-«Tagesschau» von SF1 schalten selten mehr als 100 000 Personen ein. Ob nun eine Bundesrätin, ein CEO, ein Experte oder ein Künstler dem DRS-1-«Tagesgespräch»-Duo Susanne Brunner oder Urs Siegrist gegenüber sitzt, alle Gäste können eine angenehme Gesprächsatmosphäre ohne harten Umgangston erwarten.
Bissig wird es auf DRS 1 um 13 Uhr eigentlich nur, wenn sich die Parteipräsidenten im Bundeshausstudio vor dem «Tagesgespräch»-Mikrofon versammeln und SVP-Anführer Toni Brunner schon mal sagt, dass es für die Schweiz kein Verlust sei, wenn es die CVP nicht gebe. Denn beim «Tagesgespräch» wird bewusst auf knallharte Interviews verzichtet. «Es stimmt nicht, dass je härter das Interview geführt wird, desto mehr vom Gast preisgegeben wird», ist Susanne Brunner überzeugt.
Die ehemalige DRS-3-Frau und USA-Korrespondentin moderiert seit fünf Jahren das «Tagesgespräch». «Ich sorge lieber für eine entspannte Gesprächatmosphäre und lasse meine Gäste ausreden. So werden Zwischentöne sichtbar, die für die Zuhörerschaft wertvoll sind», so Brunner.
Die Journalistin kann durchaus belegen, wie eine zurückhaltende Interviewtechnik zu einem überraschenden Primeur führt. «Bundesrätin Doris Leuthard erklärte eine Woche vor der UBS-Rettung im `Tagesgespräch`, dass der Bundesrat die Grossbanken nicht fallen lassen würde», erzählt sie. Diese Aussage sei der Magistratin damals irrtümlicherweise rausgerutscht, entsprechend gross sei das Medienecho gewesen.
Brunner moderiert seit fünf Jahren das «Tagesgespräch». Sie löste damals Regula Saner ab, die nach der ursprünglichen Moderatorin Sonja Hasler nur kurz beim Tagesgespräch war. Brunner wechselt sich am «Tagesgespräch» Mikrofon mit Urs Siegrist ab. Dieser wurde vor einem Jahr Nachfolger von Emil Lehmann, der 2010 pensioniert wurde.
«Ich führe etwa 100 Gespräche pro Jahr. Die meisten finden in einem Radio-DRS-Studio statt, nicht nur in Bern», so Brunner. Für Interviews reise sie auch schon mal in die Studios in Genf oder Chur, mit Parlamentariern werden die Gespräche im Bundesmedienzentrum geführt. «Ein Gespräch entwickelt sich besser, wenn ich dem Gast direkt gegenüber sitzen kann», erzählt die Radiojournalistin. Um dies zu ermöglichen, reise sie auch schon mal mit dem Reportagewagen zu einem Gast.
Sind Expertinnen und Experten im Ausland, würden sie meist per Telefon zugeschaltet. Und ab und zu wird das «Tagesgespäch» zu einer Art «Bsuech in». Beispielsweise, wenn ein Museumsdirektor durch eine neue Ausstellung führt. Oder wenn ein KMU-Patron seinen Betrieb vorstellt. «Gerade bei Unternehmensleitern, die nicht radiogewandt sind und vor einem Mikrofon eher zurückschrecken, ist es besser, sie auf ihrem Heimterrain zu interviewen. So können sie direkt von ihrem Arbeitsalltag erzählen und auch ich kann die Produktionsprozesse besser beschreiben», erklärt Susanne Brunner.
Wer wird nun am Freitag, 1. April, anlässlich des Zehn-Jahre-Jubiläums interviewt? «Ich denke, die Zuhörer würden es nicht verstehen, wenn wir in der Sendung über unser Jubiläum diskutieren würden. Sie wollen ein Interview zu einem aktuellen Tagesthema, ein richtiges `Tagesgespräch», so Susanne Brunner.