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Samstag
02.03.2024

Werbung

Sowohl die Ratslinke wie die Ratsrechte wittern eine Missachtung des Volkswillens – aus diametral entgegengesetzten Gründen... (Bild © Parlamentsdienste)

Sowohl die Ratslinke wie die Ratsrechte wittern eine Missachtung des Volkswillens – aus diametral entgegengesetzten Gründen... (Bild © Parlamentsdienste)

Wie auf allen Kanälen vermeldet, hat der Nationalrat am Donnerstag mit wuchtigem Nein den Gesetzesentwurf des Bundesrats zu einem Tabakwerbeverbot für Jugendliche zurückgewiesen.

Was ist da los in Bundesbern? Man könnte meinen, es gehe um den Untergang des Schweizerlandes. Kaum eine Vorlage vermag, die Eidgenössischen Räte derart zu spalten wie die Forderung nach einem Werbeverbot für Tabakprodukte. 

Dabei ist der Volksentscheid vom Februar 2022 eigentlich klar: 57 Prozent des Stimmvolks wollen, dass Kinder und Jugendliche in Zukunft keine Tabakwerbung mehr zu Gesicht bekommen. So steht es seit der Annahme der Volksinitiative in der Verfassung.

In der Umsetzung kommt es nun abermals zu hitzigen Wortgefechten. Schon im letzten Herbst hatte der Ständerat die Gesetzesvorlage des Bundesrats, der ein umfassendes Werbeverbot will, an wichtigen Stellen abgeschwächt. Am Donnerstag wurde die kleine Kammer vom Nationalrat sogar noch überboten. 

Der Widerstand kam von rechts und von links gleichermassen. Sowohl die SVP wie auch die SP und die Grünen sahen im vorgeschlagenen Gesetz eine Missachtung des Volkswillens, aus grad entgegengesetzten Gründen.

Um aus der epischen Debatte zwei Stimmen herauszugreifen: Für SVP-Nationalrat Andreas Glarner ging der Gesetzesentwurf viel zu weit. «Die Initianten haben im Abstimmungsbüchlein auf Seite 6 explizit gesagt, dass bei Annahme der Initiative Werbung, die sich nur an Erwachsene richtet und an Orten befindet, zu denen Minderjährige keinen Zugang haben, weiterhin erlaubt bleiben solle», holte der Aargauer SVP-Politiker aus.

«Was uns nun seitens des Bundesamts für Gesundheit (BAG) aufgetischt wird, ist aber ein komplettes Werbeverbot. Das läuft auf Gläubigkeit von BAG und Bundesrat gegenüber der WHO hinaus.»

Grad andersrum argumentierte SP-Nationalrätin Barbara Gysi. Für sie ging der Gesetzesentwurf viel zu wenig weit. Insbesondere die Print-Werbung war ihr ein Dorn im Auge.

Sie schäme sich, so Gysi am Rednerpult, dass die vorberatende Kommission das Wort Gesundheit im Namen trage: «Man missachtet den Volkswillen, und man schädigt mutmasslich eben auch die Gesundheit der Menschen, der Jugendlichen, wenn man ihnen diese Werbung weiterhin zumutet.»

Der Bundesrat habe schon in der Abstimmung gesagt, wie er das Verbot umsetzen würde. Darauf konnte das Volk abstellen. «Aber nun geht die Nationalratskommission noch über den Ständerat hinaus und will zum Beispiel mobiles Verkaufspersonal oder Werbung in Printmedien weiterhin zulassen.»

Was die Kommission vorlege, würde erlauben, dass zum Beispiel in der «Schweizer Illustrierten» Werbung möglich wäre. «Ich habe als Kind diese Zeitschrift gelesen, sie lag bei uns auf dem Salontisch. Meine Mutter hatte die Zeitschrift, sie war die offizielle Leserin, aber wir Kinder haben alle mit ganz viel Interesse reingeguckt», erinnerte sich die St. Galler Politikerin im Nationalratssaal.

Nun geht die Vorlage zurück an den Ständerat.