Swico-Geschäftsführer Jean-Marc Hensch übergibt im Mai das Zepter an die grünliberale Kantonsrätin Judith Bellaiche.
Im Gespräch mit dem Klein Report schaut er auf seine sieben Jahre beim «Wirtschaftsverband für die digitale Schweiz» zurück und sagt, wie sich der Verband verändert hat und wie er den Umgang der Politik mit der Digitalisierung einschätzt.
Bevor Jean-Marc Hensch 2012 bei der Swico angefangen hat, gab es zwei Positionen im Vorstand: Die einen wollten als neuen Geschäftsführer jemanden aus der IT-Wirtschaft, der die Branche gut kennt. Die anderen bevorzugten jemanden aus Politik oder Kommunikation, das konnte auch ein IT-Branchenfremder sein.
«Mit meiner Wahl 2012 hat sich die zweite Position durchgesetzt», sagt Jean-Marc Hensch, der vorher einen Verband in der Energiewirtschaft geführt hatte.
Der Entscheid des Vorstands habe die Entwicklung des Verbands geprägt. «Unsere Devise war: Wir müssen in der Politik die IT-Interessen besser vertreten und dem in den Medien mehr Gewicht verleihen.»
«Und das bedeutete auch: Wir müssen Inhalte entwickeln, damit man uns stärker wahrnimmt.» Die Aufgaben ihrer 15-köpfigen Geschäftsstelle hätten sie deshalb zum Teil neu definiert. «So haben wir ein systematisches Issue Management aufgebaut, und ich persönlich konnte mit einer monatlichen Kolumne in einem Branchenmedium publizistische Akzente setzen», erzählt Hensch.
Bei der Akquisition neuer Mitglieder geschah erstmal nicht viel. «Ich kam nicht aus der IT-Welt, ich hatte da kein Netz.» Ab 2014 habe dann Giancarlo Palmisani die Mitgliederakquisition vorangetrieben. Der «grosse Hosälupf» sei im letzten Jahr dann die Fusion mit Simsa gewesen, dem Berufsverband der Schweizer Internetindustrie. In den letzten fünf Jahren hat sich die Mitgliederzahl auf über 600 etwa verdoppelt.
Für Start-ups hat Swico inzwischen die Mitgliederbeiträge drastisch gesenkt. «Es kann nicht sein, dass eine Firma erst gross und erfolgreich sein muss, bevor sie auf Verbandsebene mitmachen darf», findet Jean-Marc Hensch.
Die Jungunternehmer seien für Swico nicht einfach die «netten Anfänger», die man nicht ganz ernst nehmen muss, sondern «achtbare Unternehmer, die wir an Bord haben wollen. Sie haben volles Stimmrecht.»
Ja, es stimme: Die Jungen, die gerade ein Start-up lanciert haben, brächten frische Ideen in den Verband, sagt Jean-Marc Hensch zum Klein Report. «Nur bringen sie verständlicherweise auch wenig Zeit mit. In Fachgremien sind die Jungunternehmer noch nicht so vertreten, wie wir das wollen.»
Mit dem Wachstum ist auch das Zauberwort «Community Building» wichtiger geworden. «600 Mitgliederfirmen können sich nicht alle zusammen austauschen», sagt Hensch. Viele neue Fachgremien seien geschaffen worden, zum Beispiel zu «Information Security» oder zu «Cloud». Diese Arbeitsgruppen sind offen für die Stufe CEO und C-Level.
«Unsere Mitglieder sind nicht Menschen, sondern Unternehmen. Und wenn von diesen immer nur ein Vertreter bei uns mitmacht, schöpft man das Potenzial nicht aus.» Deshalb vernetzt die Swico die Funktionsträger miteinander. So ist zum Beispiel ein «Communication Circle» oder ein «Public Affairs Circle» entstanden.
«Meine Aufgabe in den letzten sieben Jahren? All das nicht zu verhindern ...», sagt Jean-Marc Hensch heute, ein paar Wochen vor seinem letzten Arbeitstag als Swico-Geschäftsführer. Viele gute Leute hätten in all den Jahren mitgewirkt. Und der Vorstand habe sich nicht ins Operative eingemischt, «das ist unschätzbar».
Beerbt wird der scheidende Geschäftsführer von der grünliberalen Politikerin Judith Bellaiche. «Ich bin sehr happy über diesen Nachfolgeentscheid. Der Trend in Richtung Politik und Kommunikation wird weitergeführt.»
Und auch für Jean-Marc Hensch persönlich «kam es raus, wie erhofft: Im April werde ich 60, dann wollte ich auch den Posten abgeben».
Langweilig werde es ihm bestimmt nicht werden. Hensch präsidiert den Verwaltungsrat des Kongresshauses Zürich, wo grad viel läuft. Und bei einem neuen Software-Start-up ist er als VR-Präsident mit dabei. Das Start-up ist selbstverständlich Swico-Mitglied.
Auf den aktuellen Stand der Digitalisierung in der Schweiz angesprochen, wird Jean-Marc Hensch gegenüber dem Klein Report zum Schluss nochmals deutlich: «Der Umgang der Schweiz mit der Digitalisierung ist geprägt von einer gewissen Schizophrenie: Einerseits wird beteuert, wie wichtig die Sache für die Zukunft des Landes ist. Wenn dann aber etwas konkret getan werden muss, macht die Politik einen Rückzieher.»