Susi Stühlinger (28) hat für ihren «WOZ»-Beitrag «Eine Million, bitte. Zum Mitnehmen» den Zürcher Journalistenpreis erhalten. Im Artikel forderte sie die Reichen der Schweiz auf, Geld für eine Umverteilungsinitiative zu spenden. Im Gespräch mit dem Klein Report erklärt sie, was für ein Rezept sie anwendete, um mit einem «kindischen» Artikel Erfolg zu haben, und gibt bekannt, dass sie künftig nur noch als Kolumnistin für die «WOZ» arbeiten wird.
Klein Report: Was bedeutet der Preis für Sie?
Susi Stühlinger: «Ich habe mich besonders gefreut, dass man einen Artikel über Umverteilung - was durchaus ein politisches Thema ist - als relevant anerkannt hat. Und das, nachdem ein Kolumnist der `Weltwoche` den Bericht als «kindischsten Artikel des Jahres» bezeichnet hatte.»
Klein Report: Wie kamen Sie auf die Idee für den Artikel?
Stühlinger: «Im Gespräch entstand die Idee, die `Bilanz`-Rangliste mit den 300 Reichsten zu parodieren. Ich hoffte für den Artikel auf Rückmeldungen der entsprechenden Personen und entwarf für die Sammelaktion für die Umverteilungsinitiative drei Eskalationsstufen: Zuerst der briefliche Kontakt, dann bei einer repräsentativen Gruppe ein telefonische Nachfrage, und bei zehn Personen, die ich nicht erreicht hatte, gingen Dinu Gautier, der Fotograf Paco Carrascosa und ich schliesslich persönlich vorbei. Damit erhielt ich die szenischen Elemente, mit der sich die Welt der Wohlhabenden einfangen liess.»
Klein Report: Was hat Ihnen selbst am Artikel am Ende am besten gefallen?
Stühlinger: «Es war erfreulich, dass wir tatsächlich eine Rückmeldung von einem sehr prominenten Mitglied der 300 Reichsten erhielten. Die Person machte auch ein Eingeständnis, dass Ungerechtigkeit vorhanden ist.»
Klein Report: Was ist Ihr Tipp, um aussergewöhnliche Artikel produzieren zu können?
Stühlinger: «Man muss sich für einige Stunden dem Stress im Alltag entreissen können, um rumzuspinnen und neue Aspekte zu finden. So kann man einen Artikel über ein Thema, mit dem sich die Leserschaft sonst eher schwertut, interessant machen. Es darf kein Denkverbot geben. Was nicht möglich ist, merkt man früh genug. Im Tagesgeschäft wird meist kaum ein Gedanke darauf verwendet, wie man einen Artikel formal aufbauen könnte.»
Klein Report: Der Preis ist mit 10 000 Franken dotiert. Was machen Sie damit?
Stühlinger: «Wir hatten in unserem Artikel zwar eine Million gefordert, aber 10 000 Franken sind immerhin ein Anfang. Jetzt muss die `WOZ` nur noch weitere 99 Preise gewinnen, dann ist das Geld für die Umverteilungsinitiative zusammen.» (lacht)
Klein Report: Sie sind noch jung: Was reizt Sie journalistisch, wo sind Ihre beruflichen Ziele?
Stühlinger: «Es wird demnächst eine Umstellung geben. Ich werde eine neue Herausforderung annehmen und eine weitere Ausbildung absolvieren. Ich werde aber weiterhin journalistisch tätig sein, etwa als Kolumnistin bei der `WOZ`.»
Und die anderen drei Preisträger: Zürcher Journalistenpreis 2013